Liebe Leserinnen und Leser

Die vorangehende Ausgabe der Richterzeitung befasste sich unter anderem mit der abgelehnten «Justiz-Initiative». In seinem Beitrag zur Wahl ins Bundesgericht nimmt Alexander Tichy den Ball erneut auf. Er beleuchtet das gegenwärtige Wahlverfahren und schlägt auch vor dem Hintergrund des internationalen Kontexts verschiedene Reformen im Sinne der Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit vor. Ebenfalls mit der richterlichen Unabhängigkeit befasst sich der Forumsbeitrag von Alexandre Feser. Insbesondere auch in Anbetracht der Erfahrungen im Kanton Waadt sieht er die richterliche Unabhängigkeit als einen zentralen Bestandteil der Gewaltenteilung.

In zwei weiteren Beiträgen geht es um Verfahrensrecht. Jeremias Fellmann beleuchtet verfahrensrechtliche Aspekte der abstrakten Normenkontrolle im Bund und im Kanton Luzern. Er zeigt insbesondere auf, dass die Kantone bei ihren abstrakten Erlassprüfungsverfahren zahlreiche Vorgaben des Bundesrechts beachten müssen. Im Beitrag von Robert Stecher wird nicht zuletzt aufgrund von Vorkommnissen im Kanton Graubünden das Verfahren der Entscheidfindung im Kollegialgericht beleuchtet und es werden Anregungen für Optimierungen aufgezeigt.

Auch Klaus Vogel widmet seine SVR-Kolumne der Kollegialität – aber aus einer etwas anderen Perspektive. Er sieht die Kollegialität als Mittel zur Bekämpfung des beruflichen Einzelkämpfertums und propagiert neue Instrumente wie Coaching Circles oder Intervision.

Von der Frühjahrstagung der Europäischen Richtervereinigung (EAJ-AEM) in Porto berichtet Dieter Freiburghaus. Nebst Transparenz und Vertrauen stand einmal mehr die schwierige Situation der Justiz in verschiedenen europäischen Staaten im Zentrum des Kongresses.

Das Venice Commission Observatory stellt in seinem Update 21 wiederum eine Auswahl internationaler Medienberichte zur Rechtsprechung von Verfassungsgerichten zur Verfügung.

Zahlreiche neue Publikationen in Themenbereichen der Richterzeitung finden sich im 58. Update der Bibliografie zum Richterrecht.

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Arthur BrunnerStephan GassSonia GiamboniAndreas LienhardHans-Jakob MosimannAnnie Rochat PauchardThomas Stadelmann

Science
Die Wahl ins Bundesgericht
Alexander Tichy
Alexander Tichy
Als oberste Recht sprechende Behörde des Bundes kommt dem Bundesgericht in Lausanne eine zentrale Rolle bei der Beantwortung wichtiger gesellschaftlicher Fragen zu. Von grosser Bedeutung ist daher auch die Auswahl derjenigen Richterinnen und Richter, welche oft über einen langen Zeitraum hinweg die Rechtsprechung in der Schweiz massgeblich mitprägen. Im vorliegenden Beitrag soll dieser Wahlprozess einer möglichst umfassenden Gesamtbetrachtung unterzogen und insbesondere der Frage nachgegangen werden, ob und gegebenenfalls wie dieses staatspolitisch wichtige Verfahren reformiert werden sollte.
Verfahrensrechtliche Aspekte der abstrakten Normenkontrolle im Bund und im Kanton Luzern
Jeremias Fellmann
Jeremias Fellmann
Der Beitrag greift die Frage nach den prozessualen Besonderheiten von abstrakten Normprüfungsverfahren auf. Neben einer Darlegung der übergeordneten Vorgaben auf verfassungsrechtlicher Ebene wird das Verfahren vor dem Bundesgericht sowie im Kanton Luzern erörtert.
Wenn das publizierte Urteil nicht dem gefällten Entscheid entspricht
Robert Stecher
Robert Stecher
Ein Gerichtsurteil soll nicht nur inhaltlich korrekt sein, sondern hat auch in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren zu ergehen. Um diese formelle Rechtmässigkeit eines Gerichtsurteils zu garantieren, sind im Verfahren der Entscheidfindung beim Kollegialgericht verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu den vier eidgenössischen Gerichten fehlen auf kantonaler und auf regionaler Ebene meist entsprechende Normen zum Entscheidfindungsverfahren. Der vorliegende Beitrag analysiert die verschiedenen Phasen dieses Verfahrens und zeigt Konstellationen auf, welche eine Diskrepanz zwischen gefälltem Entscheid und publiziertem Urteil begünstigen. Dabei werden sowohl die bundesgerichtlichen Voraussetzungen an ein korrektes Urteilsverfahren wie auch die möglichen Konsequenzen eines mangelhaften Urteilsverfahrens kritisch beleuchtet. Mit der Definition einer «best practice» werden schliesslich mögliche Lösungen aufgezeigt, um ein verfahrensrechtlich korrektes Urteilsverfahren zu gewährleisten.
Forum
Madame/Monsieur la/le Juge, êtes-vous indépendante/indépendant ?
Alexandre Feser
Alexandre Feser
La question de l’indépendance a pour but de soulever des questions, de provoquer un débat interne à chacun de nous, dans le plus profond de notre conscience et externe, dans l’échange de points de vue, dans le débat que nous devons et non pas seulement devrions avoir les uns avec les autres sur cette question primordiale pour l’essence même, avec un grand E, de nos métiers dans la justice. Ce débat est particulièrement d’actualité. Mais qu’entend-on par indépendance ? Indépendance, par rapport au pouvoir politique, aux médias, aux réseaux sociaux, aux déclarations de justiciables dans la presse avant les audiences, à son propre vécu ?
Kolumne SVR
Gemeinsam und kollegial geht’s besser
Klaus Vogel
Klaus Vogel
Associations
Frühjahrstagung der Europäischen Richtervereinigung (EAJ-AEM) in Porto
Dieter Freiburghaus
Dieter Freiburghaus
News abroad
Medienberichterstattungen über weltweite Verfassungsgerichtsbarkeit, die Justiz betreffend (Update 21)
Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Literature
Bibliografie zum Richterrecht – Update 58
Juria
Juria
Das Update der Bibliografie enthält seit der Ausgabe 2006/4 von «Justice - Justiz - Giustizia» jeweils die neu veröffentlichten Monographien und Aufsätze im Themenbereich der Richterzeitung. Ab Ausgabe 2021/3 erfolgt die Aufbereitung in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Judikative SIfJ; erfasst werden zusätzlich ca. 150 internationale Zeitschriften und die Kataloge von rund 25 internationalen Bibliotheken. Eine Gesamtübersicht der Bibliografie finden Sie auf: https://sifj.ch/dokumentation/bibliography/