Liebe Leserinnen und Leser,

In der vorliegenden Ausgabe befassen sich gleich mehrere Beiträge mit prozessualen Fragen: Niels Favre erläutert die Abgrenzung der sachlichen Zuständigkeit zwischen Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) und Zivilgericht. Im Beitrag von Véronique Fischer-Hulman werden Eigenheiten der Ablehnung von Sachverständigen im Zivil- und Strafverfahren aufgezeigt. In der Publikation von Claudia Schreiber und Daniel Kettiger geht es um die Herausforderungen im Umgang mit elektronischen Beweismitteln.

Der letztgenannte Beitrag spannt den Bogen zur Abhandlung von David Schneeberger, der sich mit den Vorteilen und Optimierungspotenzialen des digitalen Schriftenwechsels innerhalb der Austauschplattform von Justitia 4.0 befasst. Ebenfalls um die Digitalisierung geht es im Beitrag von Leonie Grob: Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Veröffentlichung von Gerichtsurteilen in sekundären Entscheid-Datenbanken.

Ein weiterer Fokus der vorliegenden Ausgabe liegt in der Justizkommunikation: Patrick L. Krauskopf und Nicola Hörnig erläutern die Chancen und Risiken der Litigation PR (prozessbegleitende strategische Öffentlichkeitsarbeit durch die Parteien). Und gleich zwei Beiträge befassen sich auf der anderen Seite mit dem Einsatz von Social Media durch Richterinnen und Richter: Christine Sauthier,  «Über den Umgang mit Social Media, Was darf eine Richterin, ein Richter?», sowie Pietro Angeli-Busi, «Il Magistrato ed il Social Network».

Last but not least wird ein thematischer Schwerpunkt auf die richterliche Verantwortlichkeit gelegt, zu welcher unlängst ein Kolloquium anlässlich des 65. Geburtstags von Bundesrichter Dr. h.c. Thomas Stadelmann stattgefunden hat (die Videobeiträge finden sich auf der Website des Schweizerischen Instituts für Judikative SIfJ). Matthias Kradolfer und Arthur Brunner vermitteln einen Rechtsvergleich über das richterliche Disziplinarrecht in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Beitrag von Ulrich Meyer befasst sich mit der ethischen, zivil- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit sowie der umstrittenen Frage einer disziplinarrechtlichen Verantwortlichkeit auf Bundesebene. Peter Bussjäger zeigt die Eigenheiten der richterlichen Verantwortlichkeit im Spannungsfeld mit der Unabhängigkeit der Justiz in Österreich auf.

Lesenswert sind auch zwei Literaturbesprechungen zu Biographien namhafter Juristen: Stephan Gass rezensiert das Werk von Hans Hugo Klein, Der Jurist Johann Wolfgang von Goethe, und Hans-Jakob Mosimann rezensiert das Buch von Maurus Held, René Blattmann – Sein Name ist Gesetz.

Schliesslich findet sich in der vorliegenden Ausgabe eine Übersicht über neue Publikationen im 65. Update der Bibliografie zum Richterrecht und der Beitrag Parlament aktuell / Parlament actualités / Notizie dal Parlamento (Update 5) zeigt rechtspolitische Entwicklungen im Justizbereich auf. In einem weiteren Beitrag wird zudem besonders auf die Befassung des Parlaments mit dem Klima-Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) eingegangen.

Wir wünschen eine anregende Lektüre!

Arthur BrunnerStephan GassSonia GiamboniAndreas LienhardHans-Jakob MosimannAnnie Rochat PauchardThomas Stadelmann

Science
Délimitations de compétence matérielle entre APEA et juge civil
Niels Favre
Niels Favre
Dans cette contribution, l’auteur explore les problématiques liées aux compétences matérielles entre différentes autorités judiciaires dans le contexte des séparations parentales, notamment entre l’Autorité de protection de l’enfant et de l’adulte (APEA) et les juges civils. L’article détaille comment les ambiguïtés de compétences peuvent mener à des conflits ou à des décisions contradictoires, soulignant la complexité du cadre légal actuel. Pour y remédier, l’auteur propose une analyse systématique des règles de compétence et suggère des solutions pour clarifier et simplifier les attributions de responsabilité légale. Cela inclut une présentation des principes généraux et des exceptions qui gouvernent ces règles.
La récusation des experts en procédure civile et pénale
Véronique Fischer-Hulman
Véronique Fischer-Hulman
Après un aperçu des fondements de la récusation des experts, du but, de la méthode d’examen par les tribunaux et de la définition de la notion d’expert, l’auteure abordera les motifs de récusation, regroupés en quatre grandes catégories, puis se penchera sur la procédure de récusation d’un expert, de la demande jusqu’aux voies de recours en passant par l’instruction, la décision et le sort des frais, relevant les distinctions et les points communs en matière civile et pénale.
Elektronische Beweismittel – neue Herausforderungen
Claudia Schreiber
Claudia Schreiber
Daniel Kettiger
Daniel Kettiger
Bereits heute werden elektronische Beweismittel verwendet und die Bedeutung der elektronischen Beweismittel wird mit der anstehenden Digitalisierung von Gerichts-Verwaltungsverfahren noch zunehmen. Dieser Beitrag versucht, sich den elektronischen Beweismitteln aus verschiedenen Blickwinkeln anzunähern, u.a. aus der Sicht deren Entstehung, aus der Sicht des Beweisrechts oder aus der Sicht der Praxis. Die Autorin und der Autor zeigen dabei die Tücken im Umgang mit elektronischen Beweismitteln auf und geben Anregungen zum sicheren Umgang mit diesen.
Datenschutzrechtliche Aspekte bei der Veröffentlichung von Gerichtsurteilen in sekundären Entscheid-Datenbanken
Leonie Grob
Leonie Grob
Die Justizöffentlichkeit wird zunehmend durch die Publikation anonymisierter Gerichtsurteile im Internet gewährleistet. Die landesweit unterschiedliche Handhabung der gerichtlichen Publikationspraxis erschwert die Zugänglichkeit und Suche nach Rechtsprechung. Sekundäre Entscheid-Datenbanken bieten eine zentrale und nach Schlagworten abrufbare Sammlung von Urteilen. Dieser Beitrag befasst sich mit den Datenschutzanforderungen an die sekundären Entscheid-Datenbanken und insbesondere mit der Frage, ob für diese Datenbanken eine Anonymisierungspflicht vor der Veröffentlichung in ihrer eigenen Datenbank besteht.
Richterliche Verantwortlichkeit im Rechtsvergleich
Arthur Brunner
Arthur Brunner
Matthias Kradolfer
Matthias Kradolfer
Das Thema der «richterlichen Verantwortlichkeit» bildete Gegenstand eines – vom Schweizerischen Institut für Judikative organisierten – Kolloquiums im November 2023. Beleuchtet wurden dabei die strafrechtliche, die vermögensrechtliche und die disziplinarrechtliche Verantwortlichkeit aus deutscher, österreichischer und schweizerischer Sicht. Der vorliegende Beitrag unternimmt den Versuch, auf Grundlage dieser «Länderberichte» strukturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Regelung der richterlichen Verantwortlichkeit in Deutschland, der Schweiz und Österreich offenzulegen; dies soll einerseits Einsichten in Grundprobleme des «schweizerischen Disziplinarrechts» erlauben, anderseits – aus Sicht des nationalen Rechts – Entwicklungspotenziale offenbaren.
Forum
Digitaler Schriftenwechsel in Justitia 4.0: Geplante Umsetzung und Zukunftswünsche
David Schneeberger
David Schneeberger
Der Artikel beleuchtet die derzeitigen Funktionen und Möglichkeiten des digitalen Schriftenwechsels innerhalb der Austauschplattform von Justitia 4.0. Es werden nicht nur die Vorteile und Herausforderungen dargestellt, sondern auch Verbesserungsvorschläge und Erweiterungswünsche für die Austauschplattform formuliert, um die Effizienz und Benutzerfreundlichkeit weiter zu steigern.
Über den Umgang mit Social Media
Christine Sauthier
Christine Sauthier
Die im Rahmen des CAS Judikative 2021/2022 verfasste Arbeit untersucht die Nutzung von Social Media durch Richterinnen und Richter und beleuchtet die Herausforderungen dabei. Sie diskutiert die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und richterlicher Unabhängigkeit. Dabei werden konkrete Beispiele wie politische Äusserungen und Beiträge von Richtern auf Plattformen wie LinkedIn, X (ehemals: Twitter) und TikTok analysiert und die Frage aufgeworfen, ob spezielle Schulungen für Richterinnen und Richter im Umgang mit Social Media notwendig sind.
Der Richter im Fadenkreuz der Litigation PR (Public Relations)
Patrick L. Krauskopf
Patrick L. Krauskopf
Nicola Hörnig
Nicola Hörnig
Der Beitrag zielt darauf ab, ein Verständnis darüber zu entwickeln, wie Litigation PR den richterlichen Entscheidungsprozess beeinflussen kann. So soll die Analyse von prä-, intra- und postprozessualen Einflüssen von Litigation PR Einblick geben in die Herausforderungen und Möglichkeiten, die sich aus der Schnittstelle von Recht, Medien und Psychologie ergeben.
Richterliche Verantwortlichkeit
Ulrich Meyer
Ulrich Meyer
Richterliche Verantwortlichkeit ist in der Schweiz als Bundesstaat auf kantonaler und Bundesebene geregelt. Es gibt eine ethische, zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit auf Bundesebene, hingegen keine disziplinarrechtliche, woran festzuhalten ist.
Richterliche Verantwortlichkeit in Österreich
Peter Bussjäger
Peter Bussjäger
Der vorliegende Beitrag behandelt verschiedene Aspekte der richterlichen Verantwortlichkeit in Österreich. Diese wird in der Praxis immer wieder eingemahnt. Allgemein können Richterinnen und Richter zwar nur von richterlichen Organen zur Rechenschaft gezogen werden, selbstverständlich beeinflusst die Verantwortlichkeit die Karriereerwartungen dieser Personen. Umso grösseres Augenmerk muss darauf gelegt werden, die richterliche Unabhängigkeit zu wahren.
Kolumne SVR
Il Magistrato ed il Social Network
Pietro Angeli-Busi
Pietro Angeli-Busi
A differenza delle istituzioni giudiziarie, le quali dispongono di professionisti della comunicazione per gestire i contatti con i social media, il singolo magistrato può trovarsi in situazioni particolari, dove il mero buon senso potrebbe non essere sufficiente per agire convenientemente.
News CH
Parlament aktuell / Parlament actualités / Notizie dal Parlamento (Update 5; 25.5.2024)
Parlament (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Parlament (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Im Schweizer Parlament behandelte oder hängige Geschäfte, welche die Judikative betreffen / Affaires traitées ou en discussion au Parlement suisse qui concernent le pouvoir judiciaire / Procedure riguardanti il potere giudiziario trattate o pendenti presso il Parlamento svizzero
Das Parlament befasst sich mit dem Klima-Urteil des EGMR
Juria
Juria
Literature
Rezension: Hans Hugo Klein, Der Jurist Johann Wolfgang von Goethe
Stephan Gass
Stephan Gass
Hans Hugo Klein, ehemaliger Richter am deutschen Bundesverfassungsgericht und emeritierter Professor für öffentliches Recht an der Universität Göttingen, begibt sich auf Spurensuche. Er sucht nach Spuren, die Goethes juristische (Aus-) Bildung und Tätigkeit in dessen literarischen Werken und in dessen ausser-künstlerischen, politisch-administrativen Tätigkeit, als Mitglied des Geheimen Rats im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, hinterlassen hat.
Rezension: Maurus Held, René Blattmann – Sein Name ist Gesetz
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Die Lebensläufe mancher Juristinnen und Juristen sind interessant und mitunter auch vielfältig; viele andere mögen in unaufgeregten Bahnen verlaufen. Die hier besprochene Biografie allerdings vermittelt Einblicke in das Leben, den Werdegang und vor allem die Tätigkeiten eines Juristen, die nur wenig von einem Abenteuerroman unterscheidet.
Bibliografie zum Richterrecht – Update 65
Juria
Juria
Eine Gesamtübersicht der Bibliografie finden Sie auf: https://sifj.ch/dokumentation/bibliography/