Liebe Leserinnen und Leser

In dieser Ausgabe erwartet Sie eine stattliche Anzahl interessanter Beiträge zu verschiedenen thematischen Schwerpunkten. Einer ist das Thema e-justice: Ulrich Meyer, Präsident des Bundesgerichts, und Jacques Bühler, stellvertretender Generalsekretär (und Projektleiter), stellen das Projekt Justitia 4.0 vor. Eine willkommene Vertiefung dazu bietet einerseits der Beitrag von Michaela Machleidt Lehmann zur E-Justizakte, und andererseits das Gespräch von Stephan Breitenmoser, Professor an der Universität Basel und Richter am Bundesverwaltungsgericht, mit dem Baselbieter Kantonsgerichtspräsidenten Roland Hofmann zu Akten-Digitalisierung und elektronischem Rechtsverkehr.

Einen zweiten Akzent bilden Fragen der Justizverfassung und der richterlichen Unabhängigkeit, namentlich das Grundsatzreferat der Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr, Vorsteherin der Direktionen der Justiz und des Innern, zu Fragen «Was darf der Rechtsstaat kosten?», und der Beitrag «L’Union Internationale des Magistrats – défendre les juges dans le monde entier» von Christophe Régnard, hochrangiger französischer Richter und Ehrenpräsident der Internationalen Richterinnen- und Richtervereinigung. Der Berner Oberrichter Christoph Hurni beleuchtet das Thema «Justizleitung und unabhängige Justiz im Kanton Bern» und Jeremias Fellmann, Gerichtsschreiber in Lausanne, die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 30 Abs. 1 BV.

Ein dritter Themenkreis betrifft Aspekte des Verfahrens, des Handwerks und der Kommunikation: Tobias Grasdorf-Meyer analysiert Leitplanken und Spielräume der Verfahrensleitung im Verwaltungsjustizverfahren, Henriette Haas befasst sich aus psychologischer Sicht mit der Validitätsprüfung von Argumenten in Rechtsschriften und Marie-Pierre de Montmollin stellt in der SVR-Kolumne das Haager Netzwerk vor, das einen grenzüberschreitenden richterlichen Austausch bezweckt und ermöglicht. Dem Austausch von Erfahrungen und Informationen dienten auch die Jahrestagungen der Europäischen und der Internationalen Richterinnen- und Richtervereinigung im Oktober 2018 in Marrakesch, über die  Dieter Freiburghaus, Stephan Gass, Nora Lichti Aschwanden und Thomas Stadelmann berichten. Abgerundet wird auch diese Ausgabe mit einem Beitrag zur Venice Commission des Europarats und einem Bibliographie-Update.

Wir wünschen Ihnen eine anregende und vergnügliche Lektüre.

Stephan Gass, Sonia Giamboni, Andreas Lienhard, Hans-Jakob Mosimann, Annie Rochat Pauchard, Thomas Stadelmann

Science
Die E-Justizakte – Anforderungen / Anwendungen / Ausblick
Michaela Machleidt Lehmann
Michaela Machleidt Lehmann
Der vorliegende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über laufende Projekte zur Digitalisierung in der Justiz und die dazugehörige Gesetzgebung in der Schweiz. Anschliessend werden einige existierende Programme vorgestellt, um danach zum Hauptthema der Arbeit zu kommen: der E-Justizakte. Es geht vor allem darum aufzuzeigen, wie die elektronische Akte konkret ausgestaltet sein soll und welche ergänzenden Elemente nötig sind. Dazu wird auf bereits existierende Beispiele hingewiesen und es werden Anforderungen formuliert. Zum Schluss werden die Vorteile beleuchtet und im Kontext der Digitalisierung gewürdigt.
Forum
Das Projekt Justitia 4.0
Ulrich Meyer
Ulrich Meyer
Jacques Bühler
Jacques Bühler
Dieser Beitrag beschreibt im Wesentlichen den Stand und die Ziele des Projekts Justitia 4.0 sowie die Auswirkungen der Einführung der elektronischen Akte auf den Alltag des Richters. Es handelt sich um eine schriftliche Fassung des Referats von Ulrich Meyer, Bundesgerichtspräsident, das am 23. November 2018 in Luzern anlässlich des Richtertags gehalten wurde.
Akten-Digitalisierung und elektronischer Rechtsverkehr
Stephan Breitenmoser
Stephan Breitenmoser
Roland Hofmann
Roland Hofmann
Die Digitalisierung steht auch bei den Justizbehörden vor der Tür. Elektronische Verfahrensakten (eJustizakten) sowie der elektronische Rechtsverkehr (ERV) sind zentrale Elemente des grossangelegten schweizerischen Digitalisierungs-Projekts «Justitia 4.0».
Was darf der Rechtsstaat kosten?
Jacqueline Fehr
Jacqueline Fehr
Referat von Regierungsrätin Jacqueline Fehr, Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, anlässlich des Tags der Richterinnen und Richter am 23. November 2018 in Luzern.
L’Union Internationale des Magistrats, défendre les juges dans le monde entier
Christophe Régnard
Christophe Régnard
Intervention de Christophe Régnard, Président d’honneur de l’Union Internationale des Magistrats, Juge à la Cour d’Appel de Paris, Membre du Conseil supérieur de la Magistrature, à la Journée de l’Association des juges suisses à Lucerne le 23 novembre 2018.
Justizleitung und unabhängige Justiz im Kanton Bern
Christoph Hurni
Christoph Hurni
Die Justiz des Kantons Bern wird durch das gesetzliche Organ der Justizleitung geführt. Nebst den Präsidien des Ober- und Verwaltungsgerichts nimmt darin auch der Generalstaatsanwalt Einsitz. Dies wirft staatsrechtliche Fragen auf: Verträgt sich eine solche Organisation mit den Grundsätzen der Gewaltenteilung und -trennung sowie der institutionellen Unabhängigkeit der Gerichte?
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 30 Abs. 1 BV
Jeremias Fellmann
Jeremias Fellmann
Der vorliegende Beitrag zeigt anhand einer Auswahl von drei Urteilen die jüngste Entwicklung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 30 Abs. 1 BV auf, der einen Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht verleiht. Dem Bundesgericht bot sich im Berichtszeitraum namentlich Gelegenheit, sich zu den Anforderungen an eine verfassungskonforme Bildung von Spruchkörpern und zum Anspruch auf ein unbefangenes Gericht zu äussern.
Verfahrensleitung im Verwaltungsjustizverfahren
Tobias Grasdorf-Meyer
Tobias Grasdorf-Meyer
Richterinnen und Richter tragen nicht nur die Verantwortung für ein rechtlich korrektes Urteil, sondern auch dafür, dass dieses in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren ergeht. Dabei strebt das Verfahrensrecht immer auch danach, dem Urteil bei den Parteien Akzeptanz zu verschaffen. Der vorliegende Artikel zeigt auf, wo Richterinnen und Richter im Rahmen der Verfahrensleitung Spielräume haben und gibt Anregungen dazu, wie sie diese im Hinblick auf das Ziel einer möglichst grossen Legitimität und Akzeptanz ihrer Urteile nutzen können.
Die Validitätsprüfung von Argumenten
Henriette Haas
Henriette Haas
Parteien, die ihren Standpunkt schlecht belegen können, generieren zuweilen Beweis-Illusionen, die einer genauen Prüfung nicht standhalten. Fünf Dimensionen der Validität, eine Zusammenfassung der Wissenschaftstheorie, bilden ein Verfahren, mit dem man kleine und grosse Mängel in der Belastbarkeit einer Argumentation aufdecken kann: 1) Quellennachweise: Wie ist die Person zur besagten Information gelangt und wo findet man sie? 2) Falsifizierbarkeit: Verbindlichkeit zwischen Behauptungen und Belegen. 3) Innere Konsistenz der Argumentation. 4) Faktizität. 5) Kausalitätsanforderungen.
Befangenheit und Ausstand eines Oberrichters
Juria
Juria
Das Bundesgericht bejaht einen Ausstandsgrund im Sinne von Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO, wenn die Rechtsanwältin der Gegenpartei beim Bruder des Oberrichters angestellt ist, der sich mit dem Streit befasst und die Sache instruiert.
Kolumne SVR
Communication judiciaire directe
Marie-Pierre de Montmollin
Marie-Pierre de Montmollin
Cette contribution a pour but, sous une forme synthétique et dans une optique pratique, de présenter aux magistrats suisses la communication judiciaire directe ainsi que ses avantages. Cette nouvelle forme de coopération judiciaire internationale connaît un essor significatif dans le domaine de la protection internationale des enfants. Pour les lecteurs qui ne s’occupent pas de cette matière, on signalera que la communication judiciaire directe s’est développée et continue à le faire dans d’autres domaines, comme les procédures d’insolvabilité transfrontières.
Associations
Kongress der IAJ-UIM 2018 in Marrakesch, Bericht aus dem Central Council
Dieter Freiburghaus
Dieter Freiburghaus
Der Central Council ist die Versammlung sämtlicher Mitgliederorganisationen der Internationalen Richtervereinigung IAJ-UIM und tagt einmal jährlich. Die 61. Jahresversammlung 2018 fand vom 14. bis 18. Oktober 2018 in Marrakesch (Marokko) statt.
Congrès de l'UIM 2018 à Marrakech, Rapport sur les travaux de la Première Commission d'études
Thomas Stadelmann
Thomas Stadelmann
Cette année, la Première Commission d’études a analysé les phénomènes de la critique publique envers les juges et du manque de respect vis-à-vis des autorités judiciaires manifesté par les autres pouvoirs de l’État, les médias traditionnels et les médias sociaux.
Kongress der IAJ-UIM 2018 in Marrakech, Bericht über die Tätigkeit der 2nd Study Commission – Civil Law
Nora Lichti Aschwanden
Nora Lichti Aschwanden
Die zweite Studienkommission am diesjährigen internationalen Richterkongress befasste sich mit dem Thema «Strategies in effective case management» im Zivilverfahren.
Kongress der IAJ-UIM 2018 in Marrakesch, Bericht über die Tätigkeit der 3. Studienkommission
Dieter Freiburghaus
Dieter Freiburghaus
Die 3. Studienkommission der Internationalen Vereinigung der Richterinnen und Richter IAJ-UIM befasst sich mit Fragen des Straf- und Strafprozessrechts. Sie beschäftigte sich an der Tagung in Marrakesch mit dem Umgang mit besonderen Kategorien von Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren.
Kongress der IAJ-UIM 2018 in Marrakesch, Kurzbericht über die Arbeiten der 4. Studienkommission
Thomas Stadelmann
Thomas Stadelmann
Die 4. Studienkommission behandelte dieses Jahr das Thema «Rechte und Pflichten von Flüchtlingen: Risiko der modernen Sklaverei?».
Bericht über die Jahrestagung der Europäischen Richtervereinigung in Marrakesch
Stephan Gass
Stephan Gass
Im Rahmen der Jahrestagung der Internationalen Richtervereinigung (IAJ) trafen sich die Delegierten der Europäischen Richtervereinigung (EAJ) zu ihrer Jahresversammlung in Marrakesch (Marokko). Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus 40 europäischen Staaten nahmen daran teil. Die EAJ diskutierte Fragen der unverändert fortgesetzten Angriffe auf die Rechtsstaatlichkeit und insbesondere auf die richterliche Unabhängigkeit in verschiedenen Mitgliedsstaaten. Im Weiteren wurden erste Schritte einer engeren Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen in die Wege geleitet. Schliesslich fanden auch Wahlen in die Organe der EAJ statt.
Literature
Bibliografie zum Richterrecht – Update 47
Juria
Juria
Das 47. Update der Bibliografie enthält die seit der Ausgabe 2006/4 von «Justice - Justiz - Giustizia» veröffentlichten Monographien und Aufsätze im Themenbereich der Richterzeitung.
News CH
Spruchkörperbildung, neue Organisationsreglemente im Kanton Basel-Stadt / Urteilspublikationen
Barbara Noser Dussy
Barbara Noser Dussy
Mit den Urteilen 1C_187/2017, 1C_327/2017 vom 20. März 2018 erkannte das Bundesgericht, die Aufgabe der Spruchkörperbildung für den einzelnen Gerichtsfall dürfe nicht an eine nicht richterliche Instanz wie eine Gerichtskanzlei oder eine/n Gerichtsschreiber/in delegiert werden. Dieses Urteil bezog sich formell nur auf das Strafgericht Basel-Stadt, betraf aber auch das Appellationsgericht Basel-Stadt, da dessen Organisationsreglement die Zuständigkeit zur Spruchkörperbildung der Ersten Gerichtsschreiberin oder dem jeweiligen Abteilungsgerichtsschreiber zuwies. Desweiteren weist die Autorin auf die neu im Internet publizierten Urteile des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt hin.
News abroad
Medienberichterstattungen über weltweite Verfassungsgerichtsbarkeit, die Justiz betreffend – Update 9
Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Die nicht abschliessende Auswahl internationaler Medienberichte soll den Leser hinsichtlich der Rechtsprechung von Verfassungsgerichten im Aufgabenbereich der Justiz an sich informieren.
Sondervoten an Verfassungsgerichten
Juria
Juria
Die Venice Commission hat an ihrer Session vom 14./15. Dezember 2018 einen Bericht über Sondervoten an Verfassungsgerichten verabschiedet.