Liebe Leserinnen und Leser

Die aktuelle Ausgabe der Richterzeitung präsentiert ein breites Spektrum von Themen rund um die Tätigkeit von Richtern. Insbesondere wird auf die Transparenz der gerichtlichen Tätigkeit und deren Auswirkung auf die Unabhängigkeit der Richter eingegangen.

Der wissenschaftliche Teil (Science) enthält einen Beitrag von Judith Hofstetter zur Publikumsöffentlichkeit im erstinstanzlichen Summarverfahren sowie einen Bericht von Irene Kobler-Bryner zur Durchführung und den Ergebnissen einer im Kanton Appenzell Innerrhoden durchgeführten Umfrage zur Zufriedenheit der Kunden (Parteien und Anwaltspersonen) mit den kantonalen Justizbehörden.

Im Teil Forum stehen Beiträge zur Gerichtskommunikation – sei es zwischen Richtern und der Öffentlichkeit oder zwischen Parteien und Richtern – im Vordergrund. Andrea Schmidheiny Konic, Kommunikationsbeauftragte des Obergerichts Zürich, zeigt auf, welche Probleme durch Litigation-PR aus der Perspektive der Zivil- und Strafjustiz in Zürich entstehen können und illustriert Kommunikationsprobleme der Gerichte, die sich vermehrt mit der schnelllebigen und sensationshungrigen Medienwelt auseinandersetzen müssen. Die Autorin betont die Risiken der Manipulation und die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Weiterbildung der Richter, um auf dieses neue Vorgehen via Medien vorbereitet zu sein. Andreas Müller und Christof Schwenkel berichten von der Jahrestagung 2013 der EGPA (European Group for Public Administration) über «Justice and Court Administration».

Mit «Iudex non lobbyficat» präsentiert Markus Felber seine am vergangenen Richtertag vom 8. November 2013 vorgetragenen Überlegungen zum Thema Kommunikation und Richter.

Publizität und Transparenz in der Justiz sind auch Gegenstand einer vom Ständerat kürzlich angenommenen Motion, in der für öffentliche Beratungen im Bundesgericht eine Live-Übertragung im Internet (Live-Stream) gefordert wird. Die Motion wirft Fragen auf, die die Auswirkungen einer solchen Massnahme auf die Unabhängigkeit des Richters betreffen. Dargelegt und untersucht werden diese Fragestellungen in einem Beitrag der Redaktion sowie den Ausführungen von Dieter Freiburghaus in der Kolumne der SVR-ASM.

Der Präsident des Bezirksgerichts Zürich, Rudolf Kieser, beschreibt seine in 22 Jahren als Präsident eines erstinstanzlichen Gerichts gesammelten Eindrücke und formuliert seine Wünsche an das Obergericht hinsichtlich der weiteren Gewährleistung einer hohen Qualität der Justiz und der Erhaltung ihrer Unabhängigkeit.

In der Rubrik Personalia wird der plötzlich verstorbene Bernard Corboz gewürdigt. Das Ausscheiden unseres Korrespondenten am Bundesgericht, Gerold Steinmann, bietet uns an dieser Stelle sodann die Gelegenheit, Danke zu sagen.

Hans-Jakob Mosimann hat eine Rezension zum Werk «Recht, Gericht und Sympathie» verfasst.

In der Rubrik News werden die aktuellen Gesetzesentwicklungen betreffend das Bundesgericht sowie die Schriftenreihe zur Justizforschung «Grundlagen guten Justizmanagements in der Schweiz», unterstützt durch den Schweizerischen Nationalfonds, vorgestellt. Esther Tophinke erläutert das Evaluationsprojekt des Bundesamts für Justiz über die Wirksamkeit der neuen Bundesrechtspflege. Frédéric Oberson informiert über die Anpassungsvorschläge der Justizorganisation im Kanton Freiburg.

Zudem finden Sie Informationen zur Internationalen Richterinnenvereinigung (International Association of Women Judges IAWJ) und einen Leserbrief der Präsidentin der Juristinnen Schweiz die letzte Bundesrichterwahl betreffend. Die Autorin kritisiert die heutige Praxis und schreibt ihr die fehlende Auswahl an Kandidatinnen zu (Reprint: NZZ, 11. Oktober 2013).

Die Berichte der Kantone sowie das 27. Update der Bibliografie zum Richterrecht vervollständigen die Ausgabe.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme Lektüre.

Emanuela Epiney-Colombo, Stephan Gass, Regina Kiener, Hans-Jakob Mosimann, Thomas Stadelmann, Pierre Zappelli.

 

EDITORIAL
Editorial der Ausgabe 2013/4
Emanuela Epiney-Colombo
Emanuela Epiney-Colombo
Stephan Gass
Stephan Gass
Regina Kiener
Regina Kiener
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Thomas Stadelmann
Thomas Stadelmann
Pierre Zappelli
Pierre Zappelli
Editorial de l’édition 2013/4
Emanuela Epiney-Colombo
Emanuela Epiney-Colombo
Stephan Gass
Stephan Gass
Regina Kiener
Regina Kiener
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Thomas Stadelmann
Thomas Stadelmann
Pierre Zappelli
Pierre Zappelli
SCIENCE
Die Publikumsöffentlichkeit im erstinstanzlichen Summarverfahren
Judith Hofstetter
Judith Hofstetter
Die ZPO stellt die Verwirklichung der Öffentlichkeitsgarantie im Summarverfahren weitestgehend ins richterliche Ermessen. In der Arbeit wird versucht, aus den einschlägigen Quellen für verschiedene Kategorien von Summarverfahren Kriterien zur Ermessensausübung abzuleiten.
Kundenzufriedenheit mit den Gerichtsverfahren im Kanton Appenzell Innerrhoden
Irene Kobler-Bryner
Irene Kobler-Bryner
Die vorliegende Arbeit, welche im Rahmen des Zertifikatsstudienganges «Judikative» 2011–2012 verfasst wurde, zeigt auf, wie eine Umfrage bei den Parteien und deren Rechtsvertretern betreffend Zufriedenheit mit den Gerichtsverfahren im Kanton Appenzell Innerrhoden vorbereitet und durchgeführt wurde. Die Auswertung der zurückgesandten Fragebogen ergab, dass die Befragung der Parteien und Anwaltspersonen als Kundinnen und Kunden des Gerichts durchaus geeignet ist, die Qualität des äusseren Rahmens des Gerichtsverfahrens zu beurteilen.
FORUM
Litigation-PR aus der Perspektive der Zürcher Zivil- und Strafrechtspflege
Andrea Schmidheiny Konic
Andrea Schmidheiny Konic
Dieser Beitrag basiert auf einer Masterarbeit, welche die Verfasserin im Rahmen des Nachdiplomstudienganges MAS Communication Management and Leadership am Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW erstellte. Die Erkenntnisse dieser empirischen Arbeit werden nachstehend zusammengefasst dargestellt.
Bericht über die EGPA Jahrestagung 2013: Study Group «Justice and Court Administration»
Andreas Müller
Andreas Müller
Christof Schwenkel
Christof Schwenkel
Mitte September 2013 fand im Rahmen der Konferenz der European Group for Public Administration (EGPA) in Edinburgh zum zweiten Mal das Meeting der Study Group «Justice and Court Administration» statt. Diese bietet eine interdisziplinäre Plattform zur breiten Diskussion über Justizverwaltung. Der Tagungsbericht informiert über die einzelnen Beiträge.
Direktübertragung der Urteilsberatungen am Bundesgericht und richterliche Unabhängigkeit
Peter Hodel
Peter Hodel
Kürzlich hat der Ständerat eine Motion gutgeheissen, welche verlangt, dass die öffentlichen Urteilsberatungen am Bundesgericht direkt per Live-Stream im Internet übertragen werden.
Leserbrief betreffend Richterwahlen
Regula Kägi-Diener
Regula Kägi-Diener
Die Parteizugehörigkeit bestimmt die Chance, als Richterin oder Richter gewählt zu werden in unverhältnismässig hohem Masse. Die dominante Bedeutung parteipolitischer Zugehörigkeit ist vor dem Verbot der Diskriminierung wegen weltanschaulicher und politischer Überzeugung (Art. 8 Abs. 2 BV) rechtlich nicht haltbar. Die Geschlechtergleichheit, ein verfassungsmässiges Gebot (Art. 8 Abs. 3 BV) und völkerrechtlich anerkanntes Menschenrecht, bleibt ebenfalls auf der Strecke. Die heutige Praxis ist rechtlich unhaltbar und sachlich verfehlt.
Iudex non lobbyficat
Markus Felber
Markus Felber
Die Justiz muss durch geschicktes Agieren in der Öffentlichkeit dafür Sorge tragen, dass sie den ihr gebührenden Platz in Staat und Gesellschaft besetzen und behaupten kann.​
Wandel und Konstanz in der ersten Instanz – Eindrücke von 22 Jahren Gerichtspräsidium in Zürich
Rudolf Kieser
Rudolf Kieser
Der Referent ist seit 1992 Gerichtspräsident von Zürich; seine Amtsdauer läuft Ende Juni 2014 ab. In einem persönlichen Rückblick und Ausblick hält er wesentliche Veränderungen, aber auch Konstanten am Bezirksgericht Zürich fest, so etwa bezüglich des Stellenwertes der Führung, des Frauenanteils und der Teilämter, der richterlichen Unabhängigkeit und der Wählbarkeitsvoraussetzungen. Seine Eindrücke führen ihn zu verschiedenen Wünschen ans Obergericht und ans Parlament, die er am Ende des Vortrags anbringt.
Ständerat für Live-Übertragungen von Beratungen in Lausanne
Juria
Juria
Der Ständerat hat sich für Live-Übertragungen von Verhandlungen am Bundesgericht ausgesprochen und am 11. September 2013 eine Motion von Martin Schmid (FDP/GR) mit 34 zu 6 Stimmen angenommen. Der Bundesrat stellte sich dagegen. Solche Übertragungen lasse das Gesetz bereits zu.
KOLUMNE SVR
«Live-stream» am Bundesgericht – mehr Transparenz oder erster Schritt zum «Court-TV»?
Dieter Freiburghaus
Dieter Freiburghaus
Am 11. September 2013 hat der Ständerat mit grosser Mehrheit eine Motion überwiesen, die verlangt, dass der Mangel an Transparenz bei der Entscheidfindung des Bundesgerichts durch Ermöglichung der Übertragung über ein Web-TV zu beseitigen sei. Bundesgericht und Bundesrat hatten sich gegen die Annahme der Motion ausgesprochen und die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter hat inzwischen ihre Bedenken gegen diesen Vorstoss mit einer Medienmitteilung geäussert, was nicht oft vorkommt. Warum eigentlich? Was ist gegen Transparenz in der Justiz einzuwenden? Ist es nicht an der Zeit, dass auch die Justiz sich den Entwicklungen der Medienwelt anpasst?
Generalversammlung SVR
Juria
Juria
ASSOCIATIONS
Internationale Richterinnenvereinigung – International Association of Women Judges (IAWJ)
Juria
Juria
LITERATURE
Peter von Matt, Recht, Gerechtigkeit und Sympathie
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Der bekannte Literaturwissenschafter Peter von Matt zeigt an ausgewählten Beispielen, welche Strategien die Literatur einsetzt, um das Urteil von Leserinnen und Lesern in die gewünschte Richtung zu lenken.
Bibliografie zum Richterrecht – Update 27
Juria
Juria
REPRINT
Nur fremde Richter sind gute Richter
Thomas Maissen
Thomas Maissen
Das Wettern gegen Richter hat in der Schweiz Tradition – dahinter stecken falsche Erwartungen an die Rechtsprechung.
NEWS CH
Neue Schriftenreihe zur Justizforschung
Daniela Winkler
Daniela Winkler
Andreas Lienhard
Andreas Lienhard
Daniel Kettiger
Daniel Kettiger
Die Schriftenreihe zur Justizforschung ist im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützten Forschungsprojekts «Grundlagen guten Justizmanagements in der Schweiz» (www.justizforschung.ch) entstanden und soll während des Forschungsprojekts und über das Projektende hinaus eine Bündelung von Beiträgen zum Thema Justizforschung ermöglichen. Sie dient als Gefäss für juristische, wirtschaftswissenschaftliche, politikwissenschaftliche und sozialwissenschaftliche Dissertationen, Habilitationen oder ausgezeichnete Masterarbeiten zu Themen der Justizforschung, aber auch für Aufsatzsammlungen oder Tagungsbände mit wissenschaftlichen Beiträgen zum Thema.
Zweite Umfrage der Gerichtsverwaltungskommission des Kantons Solothurn unter der Anwaltschaft zur Zufriedenheit mit den Gerichten
Pascal Haussener
Pascal Haussener
Nun liegen die Ergebnisse der zweiten Umfrage bei der Anwaltschaft zur Zufriedenheit mit den Leistungen der Solothurner Gerichte vor. Im Folgenden hält der Gerichtsverwalter des Kantons Solothurn, Roman Staub, die Ergebnisse im Vergleich mit der ersten Umfrage aus dem Jahr 2008 fest.
Vorentwurf des Gesetzes betreffend Änderung des Justizgesetzes
Frédéric Oberson
Frédéric Oberson
Der Kanton Freiburg hat seine Justizorganisation im Jahr 2011 erneuert. Anpassungsvorschläge des Gesetzes sowie eine Reflexion betreffend die territoriale Zuständigkeit der erstinstanzlichen Gerichte sind in Arbeit.
Avant-projet de loi modifiant la loi sur la justice
Frédéric Oberson
Frédéric Oberson
Le canton de Fribourg a modifié son organisation judiciaire en 2011. Des propositions de réajustements de la loi ainsi qu’une réflexion sur l’organisation territoriale des tribunaux de 1ère instance sont en cours.
Bericht über die Gesamtergebnisse der Evaluation der neuen Bundesrechtspflege
Esther Tophinke
Esther Tophinke
In einem langfristig angelegten Evaluationsprojekt hat das Bundesamt für Justiz die Wirksamkeit der neuen Bundesrechtspflege überprüfen lassen. Am 30. Oktober 2013 hat der Bundesrat den Schlussbericht zuhanden der Bundesversammlung verabschiedet.
Bundesgericht soll in Strafsachen weitere Kompetenz erhalten
Juria
Juria
Bei Strafprozessen soll das Bundesgericht künftig den Sachverhalt und nicht nur die richtige Anwendung des Rechts prüfen. Dazu verabschiedete der Bundesrat am 4. September 2013 die Botschaft. Momentan ist das Gericht an die Feststellungen des Bundesstrafgerichts gebunden.
Keine Direktübertragung öffentlicher Urteilsberatungen
Juria
Juria
Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beantragt mit 19 zu 4 Stimmen, die von Ständerat Martin Schmid eingereichte Motion 13.3660 abzulehnen. Eine Minderheit beantragt die Annahme der Motion.
JUDICATURE
Überhöhte Gebühr des Handelsgerichts
Juria
Juria
Das Zürcher Handelsgericht hat für wenig Arbeit zu viel verlangt. Das Bundesgericht hat die Gerichtsgebühr von 12'000 Franken für den Urheber einer unbehandelten Klage auf 2'000 Franken reduziert und die Entschädigung an die Gegenpartei ganz gestrichen.
EGMR beanstandet überlanges Verfahren
Juria
Juria
Das 2005 beendete Schadenersatzverfahren eines 1992 entlassenen Revisors der Walliser Kantonalbank hat zu lange gedauert. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat dem Mann teilweise Recht gegeben und ihm 6'000 Euro Genugtuung zugesprochen.