Liebe Leserin, lieber Leser

Wir feiern! 

Sie erhalten heute die 62. Ausgabe von «Justice - Justiz - Giustizia». Vor 15 Jahren, am 23. November 2005 erblickte die Schweizer Richterzeitung das Licht der Welt.

Ginge es bei «Justice - Justiz - Giustizia» um einen Menschen, so würde er nun wohl mitten in der Pubertät stecken. Wir glauben aber, dass wir diese Phase schon lange hinter uns haben und einen gewichtigen Platz einnehmen unter den Stimmen, welche sich in der Schweiz mit den Angelegenheiten der Justiz beschäftigen. Unsere Absichtserklärung bei der Geburt der Zeitschrift lautete: «Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber brauchen eine für jede und jeden von ihnen offen stehende Zeitschrift. Sie brauchen eine Stimme in der Justizöffentlichkeit und in der politischen Öffentlichkeit. Sie brauchen ein Forum des Austausches, der Information, der Kritik, der Vision.» Wir glauben, es ist nicht unbescheidenes Eigenlob, wenn wir heute feststellen, wir sind tatsächlich das was wir schon ab Beginn sein wollten: Eine Schweizer Institution, die einen wesentlichen Beitrag leistet zur Diskussion aller Fragen über, zur und an die Justiz, und die das Forum für diesen Austausch in der Schweiz bietet. Wir sind das dank den vielen Autorinnen und Autoren aus der Schweiz und aus dem Ausland, welche Sie seit 15 Jahren mit informierenden, unterhaltenden und/oder anregenden Informationen aus der Schweiz und aus vielen anderen Ländern versorgen. Ihnen allen gebührt ein grosser Dank.

Einen sehr grossen Dank richten die Herausgeber auch an die Kolleginnen und Kollegen, welche während den 15 Jahren – pro bono und mit grossem Engagement – die redaktionellen Aufgaben wahrnahmen und welche – teilweise seit Anbeginn und bis heute – die Mitverantwortung für die Zeitschrift tragen. Es sind dies, in alphabetischer Reihenfolge: Anne Colliard, Emanuela Epiney-Colombo, Sonia Giamboni, Andreas Lienhard, Hans-Jakob Mosimann, Annie Rochat Pauchard sowie Pierre Zappelli. Uns alle vereint das gleiche Interesse an einer unabhängigen, verantwortungsvollen und guten Justiz, und dafür gemeinsam etwas beitragen zu können, gab und gibt uns Energie und Befriedigung. 

Nicht zuletzt geht unser Dank an Weblaw, insbesondere an dessen Mitinhaber Franz Kummer, welcher von Anbeginn an die Wichtigkeit unseres Projekts glaubte und uns tatkräftig unterstützte. Aber auch an die verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche für das Erscheinen von «Justice - Justiz - Giustizia» mitverantwortlich waren; hier können wir – stellvertretend – nur diejenigen nennen, welche in verschiedenen Phasen die Gesamtverantwortung trugen und viel zur Entwicklung beitrugen. Es sind dies, in chronologischer Reihenfolge: Nils Güggi, Daniel Hürlimann, Simone Kaiser, Anna Steger, Philip Hanke sowie Eliane Locher.

Für diese Jubiläumsausgabe haben wir einige Personen aus der Leserschaft eingeladen, uns und Ihnen einige Gedanken zu «Justice - Justiz - Giustizia» mit auf den weiteren Weg zu geben. Sie finden diese Gedanken unter der Überschrift «Jubiläum». 

Aber natürlich enthält die Ausgabe wie immer auch viele andere Beiträge. In der Rubrik «Science» befasst sich Marcos de Moraes Sousa mit dem Projekt Justizia 4.0 aus der Perspektive von Richtern, Justizmanagern und IT-Verantwortlichen, und Giovanni Biaggini publiziert sein Gutachten zur Justizleitung des Kantons Bern. Die Forumsbeiträge behandeln ganz unterschiedliche Themen, nämlich «Sieben Erkenntnisse aus der Pandemie» (Martin Kayser) und «La répartition des affaires entre les juges» (Fabian Teichmann / Madeleine Camprubi / Léonard Gerber). Wie immer wird die Ausgabe abgerundet durch die Kolumne der SVR-ASM, News aus der Schweiz und aus dem Ausland sowie Berichte aus Vereinigungen/Institutionen.

Wir wünschen Ihnen eine unterhaltsame und anregende Lektüre und laden Sie ein, mit uns – gedanklich – darauf anzustossen, dass «Justice - Justiz - Giustizia» auch in den kommenden 15 Jahren einen wertvollen Platz einnehmen und eine wichtige Rolle für die Schweizer Judikative spielen wird.

Für einmal wird das Editorial nicht durch die Redaktion unterzeichnet, sondern durch die Herausgeber

Stephan Gass, Regina Kiener, Thomas Stadelmann

P.S. Zur Feier unseres Jubiläums erscheint diese Ausgabe 4/2020 vollumfänglich open access. Sie sind herzlich eingeladen Artikel, welche Ihnen gefallen, oder auch die ganze Ausgabe an Ihre Kolleginnen und Kollegen und weitere an der Justiz Interessierte weiterzuleiten.

Wir machen Sie sodann bereits heute auf die Ausgabe 1/2021 aufmerksam, welche im März 2021 erscheinen wird. Sie wird u.a. aus Anlass der aktuellen Diskussion um Justizinitiative und allfälligen parlamentarischen Gegenvorschlag einen Schwerpunkt zum Thema «Bestellung von Richterinnen und Richter» beinhalten und die Thematik auch aus vielen für die Juristen weniger geläufigen Aspekten beleuchten.

Zum Schluss noch eine Mitteilung in eigener Sache: Wir dürfen Ihnen mitteilen, dass wir unsere Redaktion verstärkt haben. Neu zu unserem Team stösst Dr. Arthur Brunner. Er ist Gerichtsschreiber am Bundesgericht in Lausanne, II. öffentlich-rechtliche Abteilung, Ersatzmitglied am Verwaltungsgericht Zürich sowie Lehrbeauftragter für öffentliches Recht an der Universität Zürich. Wir heissen ihn in unserem Kreis sehr herzlich willkommen.
 

Jubiläum
15 Jahre «Justice - Justiz - Giustizia» – Pubertät durchlebt, Reife erworben
Andrea Kaminski
Andrea Kaminski
15 Jahre «Justice - Justiz - Giustizia» – Die Schweizer Richterzeitung
Ulrich Meyer
Ulrich Meyer
Die 2005 nach dem Vorbild der deutschen Richter-Zeitschrift gegründete Jubilarin hat sich in den fünfzehn Jahren ihres Bestehens als massgebliches Forum für justizpolitische Fragen etabliert. Die Schweizer Richterzeitung ist aus der ständigen Diskussion über die Gestaltung der Rechtspflege in der Schweiz nicht wegzudenken. Das viermal jährlich elektronisch erscheinende Periodikum ist zudem offizielles Organ für Verlautbarungen der Schweizerischen Richtervereinigung.
15 Jahre im Rückspiegel – eine Spurensuche
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Der Blick zurück nach 15 Jahren «Justice - Justiz - Giustizia» gilt der Frage, ob beziehungsweise ab wann die Publikation an welchen Orten wahrgenommen wurde.
Eine Richterzeitung – braucht es das überhaupt?
Nils Güggi
Nils Güggi
Wozu brauchen denn Richterinnen und Richter bloss eine eigene – immerhin digitale – Zeitung? Und gibt es überhaupt genügend interessierte Leserinnen und Leser, die so etwas finanzieren? Findet man da Autorinnen und Autoren, die mitschreiben? Und wie baue ich da ein Netz von Letzteren auf? Höchstwahrscheinlich sind wir damals als Verlag vor 15 Jahren die Geschichte deutlich optimistischer und offener angegangen, als es die paar Einstiegsfragen vermuten lassen, aber zumindest ich als damaliger Verlagsleiter habe mir insgeheim auch ein paar kritische Fragen gestellt.
15 Jahre Schweizer Richterzeitung
Patrick Guidon
Patrick Guidon
Science
eJustice in der Schweiz
Marcos de Moraes Sousa
Marcos de Moraes Sousa
Das Hauptziel des Forschungsprojekts, das dieser Publikation zu Grunde liegt, besteht darin, die Erfahrungen und Strategien zu beschreiben, die im Rahmen verschiedener Innovationen im Bereich digitalisierter Gerichte (E-Gerichte) angewandt werden. Die hier vorgestellten Ergebnisse beinhalten den schweizerischen Teil eines transnationalen Projekts, an dem Brasilien und die Schweiz beteiligt sind. Die Forschung ist qualitativ und deskriptiv. Es wurden 22 ausführliche Interviews auf der Basis von teilstrukturierten Scripts mit Richtern, IT-Managern und Justizmanagern geführt. Die Auswertung der Ergebnisse gibt Aufschluss über die zentralen Triebkräfte und Hindernisse bei der Einführung von E-Gerichten im Schweizer Kontext.
Die bernische Justizleitung auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand
Giovanni Biaggini
Giovanni Biaggini
Auf den 1. Januar 2011 schuf der Kanton Bern per Gesetz eine dreiköpfige Justizleitung. Diese nimmt als gemeinsames Organ von Obergericht, Verwaltungsgericht und Generalstaatsanwaltschaft Aufgaben im Bereich der Justiz-Selbstverwaltung wahr. Verschiedentlich wurde die Frage aufgeworfen, ob die Justizleitung mit den Vorgaben des übergeordneten Rechts (insb. Gewaltenteilung, Unabhängigkeit der Justiz) in Einklang stehe. Der Verfasser bejaht dies sowohl für die aktuelle gesetzliche Ausgestaltung (GSOG) als auch für die mit dem Projekt «Justizverfassung» (Vernehmlassungsvorlage 2019) angestrebte Verankerung der Justizleitung auf Stufe Kantonsverfassung.
Forum
Sieben Erkenntnisse aus der Pandemie
Martin Kayser
Martin Kayser
Wir Richter können in Krisen auf Fähigkeiten zurückgreifen, die wir im Berufsalltag entwickelt haben. Dank unserer Erfahrung mit Gesuchen um vorsorgliche Massnahmen können wir Unsicherheiten aushalten. Aus Urteilsberatungen kennen wir das Konzept der Wirklichkeitskonstruktion und die Tücken des deduktiven Denkens. Der vorliegende Beitrag legt dar, wo wir in Krisen dazulernen können. Vom amerikanischen Physiker David Bohm erfahren wir, wie wir besser zuhören. Piloten zeigen uns, wie wichtig Vertrauen in Entscheidungssituationen ist. Und von Führungspersönlichkeiten lernen wir, wo sich Vertrauen lohnt.
La répartition des affaires entre les juges
Fabian Teichmann
Fabian Teichmann
Madeleine Camprubi
Madeleine Camprubi
Léonard Gerber
Léonard Gerber
Cette contribution étudie la pratique suisse de la répartition des affaires entre les juges au niveau fédéral et cantonal à l’exemple des cantons romands et du Tessin. En laissant un large pouvoir de discrétion à chaque tribunal, la pratique suisse s’oppose à la jurisprudence de la CourEDH qui requiert un encadrement de ce pouvoir de répartition des affaires. Le TF, ayant nouvellement qualifié cette pratique de « solution transitoire », ainsi que les autres instances fédérales font figures de bons élèves en se dotant d’un règlement encadrant mieux la répartition des affaires entre les juges, encourageant les tribunaux suisses à adapter leur règlement interne.
Die Urteilspublikation gehört ins E-Justice-Gesetz
Daniel Hürlimann
Daniel Hürlimann
Sébastien Fanti
Sébastien Fanti
Christian Laux
Christian Laux
Adrian Rufener
Adrian Rufener
Claudia Schreiber
Claudia Schreiber
Obwohl die elektronische Urteilspublikation ein zentrales Element von E-Justice ist, fehlt im Entwurf für ein Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz eine Regelung dazu. Nachdem eine im ZPO-Vorentwurf enthaltene Bestimmung mit dem Argument verworfen wurde, dass die Frage nicht nur das Zivilverfahren betreffe, erscheint es naheliegend, die Thematik im E-Justice-Gesetz aufzunehmen. Die AutorInnen des vorliegenden Beitrags formulieren einen konkreten Vorschlag.
Kolumne SVR
Justiz-Initiative: Eckpunkte eines Gegenentwurfs und Ausblick
Patrick Guidon
Patrick Guidon
Die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter (SVR-ASM) lehnt die Justiz-Initiative ab. Mit Blick auf die Schwächen des heutigen Wahlsystems fordert die SVR-ASM jedoch einen Gegenentwurf. Am 5. November 2020 hat sie nach einer breiten internen Vernehmlassung Eckpunkte eines solchen Gegenentwurfes präsentiert und damit erfreulicherweise beim Parlament Gehör gefunden.
Associations
Eckpunkte eines Gegenentwurfs zur Justiz-Initiative
SVR-ASM
SVR-ASM
Literature
Rezension: Fallgewichtung an schweizerischen Gerichten
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Ein Fall ist nicht gleich ein Fall, wenn es um das Bewältigen und Verteilen der Geschäftslast geht – das ist die Erfahrung aller daran Beteiligten. Die Unterschiede in der Beanspruchung durch verschiedene Fälle in verschiedenen Rechtsgebieten werden, so der Ausgangspunkt der hier besprochenen Arbeit, am besten mit einer Gewichtung der Fälle erfasst. Dafür gibt es verschiedene methodische Ansätze, darunter auch solche, die sich praktisch bewährt haben.
News CH
Gründung des Vereins «Schweizerisches Institut für Judikative»
Thomas Stadelmann
Thomas Stadelmann
Andreas Lienhard
Andreas Lienhard
Anne Sanders
Anne Sanders
Die Schweiz hat einen zusätzlichen Akteur im Bereich der Judikative: das «Schweizerische Institut für Judikative». Gegründet wurde der Trägerverein des Instituts im August dieses Jahres durch Akteure aus der Schweizer Judikative und der mit Justizforschung befassten Wissenschaft.
Justizinitiative – Gegenvorschlag der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates
Juria
Juria
Der Bundesrat hat in seiner Botschaft zur «Justizinitiative» die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen, obwohl er Verständnis für das Anliegen der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Initiative äusserte. Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates beschloss an ihrer Sitzung vom 6. November 2020 mit knapper Mehrheit einen indirekten Gegenentwurf zur Initiative.
News abroad
Bericht über die EGPA-IASIA 2020 e-Conference
Tania Munz
Tania Munz
Das erste virtuelle Meeting der Permanent Study Group «Justice and Court Administration» mit dem Titel «The COVID-19 crisis – Lessons for the Courts» fand am 3. September 2020 im Rahmen der e-Conference der European Group for Public Administration (EGPA) und der International Association of Schools and Institutes of Administration (IASIA) statt. Die Study Group hat sich dieses Jahr darauf fokussiert, die Erkenntnisse, Schwierigkeiten und Erfolge der Gerichte im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu sammeln und eine Plattform für den Austausch zu schaffen.
Neues aus der Legistik
Yvonne Summer
Yvonne Summer
Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Betrages erlebt Österreich den zweiten harten Lockdown. Die Covid-19-Notmassnahmenverordung sieht verschärfte Ausgangsbeschränkungen und eine weitgehende Schliessung der Geschäfte mit Ausnahme der Grundversorgung vor.
Medienberichterstattungen über weltweite Verfassungsgerichtsbarkeit, die Justiz betreffend (Update 15)
Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Die nicht abschliessende Auswahl internationaler Medienberichte soll den Leser hinsichtlich der Rechtsprechung von Verfassungsgerichten im Aufgabenbereich der Justiz an sich informieren.