2017/1

Liebe Leserinnen und Leser

In der aktuellen Ausgabe finden Sie unter anderem einen anregenden Beitrag zum Thema Teilzeit-Richterinnen und -Richter: Salome Zimmermann, Abteilungspräsidentin am Bundesverwaltungsgericht beschreibt (in ihrem Referat am Tag der Richterinnen und Richter vom 18. November 2016) die Rechtsgrundlagen der Teilzeitarbeit von Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgerichts, die Bestimmung und den Wechsel des Beschäftigungsgrads und die Handhabung des Parteiproporzes. Weiter befasst sie sich mit den Faktoren für eine erfolgreiche Teilzeitarbeit, insbesondere mit dem zwischen Richterinnen und Richtern erforderlichen Vertrauensverhältnis.

Kilian Meyer, ehemals Gerichtsschreiber und Präsidialsekretär am Bundesverwaltungsgericht und heute Richter am Obergericht des Kantons Schaffhausen plädiert in seiner Abschlussarbeit des Lehrgangs Judikative der Schweizerischen Richterakademie 2016 für mehr Mündlichkeit im Beschwerdeverfahren, dies um Qualität und Akzeptanz der Verfahren und Entscheide zu verbessern.

Um Mündlichkeit geht es auch im Beitrag von Lena Emch-Fassnacht zum Thema der Qualität in verdolmetschten Verhandlungen, einem Plädoyer für professionelle Dolmetscher und sensibilisierte Richterinnen. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektverantwortliche bei INTERPRET, der nationalen Interessengemeinschaft für interkulturelles Dolmetschen und Vermitteln, die vom Bund (SEM und BAG) mandatierte Aufgaben der Qualitätssicherung und Öffentlichkeitsarbeit wahrnimmt.

Neu finden Sie sodann eine vom Venice Commission Observatory erstellte Auswahl internationaler Medienberichte über die weltweite Rechtsprechung von Verfassungsgerichten im Aufgabenbereich der Justiz. Die Venice Commission als beratendes Organ des Europarates besteht aus unabhängigen Fachleuten des Verfassungsrechts.

Matthias Stein, Vorsitzender Präsident des Zivilgerichts Basel-Stadt, wirft in seiner SVR-Kolumne einen kritischen Blick auf das neue Kindesunterhaltsrecht.

Die Ausgabe wird abgerundet durch einen französischsprachigen Beitrag von Andreas Lienhard, Daniel Kettiger und Yves Emery über Management in der Justiz und die Berichte verschiedener Studienkommissionen anlässlich der Jahresversammlung der Internationalen Richtervereinigung IAJ vom 15.–20. Oktober 2016 in Mexiko zu den Themen Strafzumessung, «Reseaux sociaux et relations de travail», Sammelklagen sowie Korruptionsbekämpfung in der Justiz.

Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

Das Redaktionsteam: Stephan Gass, Hans-Jakob Mosimann, Thomas Stadelmann, Andreas Lienhard, Sonia Giamboni, Pierre Zappelli

Science

Mündlichkeit im Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht

Kilian Meyer

Die Schriftlichkeit dominiert derzeit in der Bundesverwaltungsrechtspflege über sämtliche Verfahrensstadien hinweg. Die Gerichtspraxis ist gegenüber jeglicher Form der Mündlichkeit äusserst zurückhaltend. Eine mündlichkeitsfreundlichere Praxis würde Qualität und Akzeptanz der Verfahren und Entscheide verbessern. Das Bundesverwaltungsgericht sollte sich daher dem traditionellen Bild einer mündlichen Gerichtsbarkeit annähern. So kann es jenes Vertrauen schaffen, auf das es zur guten Erfüllung seiner für die Gesellschaft zentralen Funktionen angewiesen ist. Auch der Gesetzgeber ist gefordert.

Forum

Teilzeit für Richterinnen und Richter

Salome Zimmermann

Fast die Hälfte aller Richterinnen und Richter am Bundesverwaltungsgericht arbeiten Teilzeit. Der Beitrag beschreibt die Rechtsgrundlagen dieser Teilzeitarbeit, Bestimmung und Wechsel des Beschäftigungsgrads und die Handhabung des Parteiproporzes. Weiter befasst er sich mit den Faktoren für eine erfolgreiche Teilzeitarbeit, insbesondere mit dem zwischen Richterinnen und Richtern erforderlichen Vertrauensverhältnis.

Qualität in verdolmetschten Verhandlungen: Eine Herausforderung auf vielen Ebenen

Lena Emch-Fassnacht

Der Anspruch auf rechtliches Gehör und der Grundsatz der Fairness des Verfahrens verschaffen der fremdsprachigen Partei das Recht, den Beizug eines Dolmetschers zu verlangen. Damit die Zusammenarbeit mit Dolmetschenden gelingt, bedarf es eines verantwortungsvollen Umgangs mit der veränderten Situation von Seiten der Dolmetschenden als auch von Seiten der Richterinnen und Richter. Eine Ansprechstelle Dolmetscherwesen schafft Vertrauen und garantiert eine qualitativ hochstehende Dienstleistung. Die Autorin diskutiert die wichtigsten Punkte und möchte zur verständnisvollen Zusammenarbeit von Dolmetschenden und Richterinnen und Richtern beitragen.

Kolumne SVR

Das neue Kindesunterhaltsrecht – ein unausgewogenes Produkt gesetzgeberischer Hektik

Matthias Stein-Wigger

Der Autor berichtet aus richterlicher Sicht über das am 1. Januar 2017 in Kraft getretene neue Kindesunterhaltsrecht in der Praxis.

Associations

Réunion 2016 de l'Union Internationale des Magistrats, à Mexico City (Mexique)

Pierre Zappelli

La 59ème réunion annuelle de l'Union Internationale des Magistrats (UIM) s'est tenue au Mexique, dans son immense capitale de près de 9 millions d’habitants, elle-même située au centre d’une aire urbaine de près de 22 millions d’habitants, du 16 au 20 octobre 2016.

Meeting der Europäischen Richtervereinigung (EAJ ) in Mexico City 16./19. Oktober 2016

Stephan Gass

Die Europäische Richtervereinigung (European Association of Judges / EAJ), eine Regionalgruppe der Internationalen Richtervereinigung, führte ihre Herbsttagung zusammen mit der Jahrestagung der Internationalen Richtervereinigung (IAJ/UIM) in Mexico City durch. Delegierte aus rund 40 Mitgliedsstaaten trafen sich zu Diskussionen, Beratungen und Beschlüssen. Im Zentrum stand die rechtstaatliche Situation in der Türkei.

Les mesures pour promouvoir l'intégrité et lutter contre la corruption au sein du système judiciaire

Peter Hall

Roslyn Atkinson

Thomas Stadelmann

Virginie Duval

Les événements récents en Turquie impliquant la détention arbitraire et la destitution de fonctionnaires du système judiciaire représentent l’antithèse des conditions nécessaires à un système stable et indépendant d’administration de la justice. Ces événements mettent en évidence l’importance des problématiques soulevées par cette Commission d’étude et de la promotion de pratiques destinées à protéger les valeurs d’égalité, d’équité et de non-corruption d’un processus décisionnel judiciaire.

Les actions collectives

Florence Krauskopf

Lors de la réunion de l’Union internationale des Magistrats (UIM), qui s’est tenue du 15 au 20 octobre 2016 à Mexico City, la deuxième commission d’étude de l’UIM, en charge des questions de droit civil, a dressé un bilan des actions collectives dans les pays les connaissant. Les commissaires le considèrent, globalement, plutôt positif. Les « erreurs de jeunesse » de ce type d’actions, telles que les rétributions excessives des avocats ou des dispositifs difficiles à exécuter, ont été corrigées soit par le législateur national, soit par la jurisprudence des pays concernés.

Strafzumessung

Dieter Freiburghaus

Bericht aus der 3. Studienkommission der IAJ anlässlich der Jahresversammlung der Internationalen Richtervereinigung IAJ, Oktober 2016 in Mexiko.

« Réseaux sociaux et relations de travail »

Thomas Stadelmann

Rapport de la 4e commission d’etude lors de la réunion annuelle de l'Union Internationale des Magistrats UIM, octobre 2016, à Mexico.

Literature

Bibliografie zum Richterrecht – Update 39

Juria

Das 39. Update der Bibliografie enthält die seit der Ausgabe 2006/4 von «Justice - Justiz - Giustizia» veröffentlichten Monographien und Aufsätze im Themenbereich der Richterzeitung.

Reprint

Quelles méthodes de management pour la justice?

Andreas Lienhard

Daniel Kettiger

Yves Emery

Les modèles de management conçus pour l’administration ne se laissent pas transposer sans autre à la justice – et c’est encore moins le cas des principes appliqués dans l’économie privée: telle est l’une des conclusions d’une vaste étude financée par le Fonds national de la recherche scientifique.

News Abroad

Medienberichterstattungen über weltweite Verfassungsgerichtsbarkeit, die Justiz betreffend – Update 1

Venice Commission Observatory (Bearbeitung/Auswahl: Juria)

Die nicht abschliessende Auswahl internationaler Medienberichte soll den Leser hinsichtlich der Rechtsprechung von Verfassungsgerichten im Aufgabenbereich der Justiz an sich informieren.

Call for papers für die EGPA Jahreskonferenz 2017 in Mailand

Andreas Lienhard

Daniel Kettiger

Die Permanent Study Group «Justice and Court Administration» der European Group of Public Administration (EGPA) ist ein wichtiges Austauschgefäss zwischen der Gerichtspraxis und der Forschungsgemeinschaft. Die diesjährige Konferenz in Mailand bietet erneut Gelegenheit, sich mit verschiedenen aktuellen Themenbereichen der Justiz zu befassen.