Justice - Justiz - Giustizia

Liebe Leserinnen und Leser
 
Nach einem schönen Sommer mit Zeit für Farniente hält die Richterzeitung einige inspirierende Beiträge für Sie bereit, um Sie für die Rückkehr in den Arbeitsalltag gut zu rüsten.
 
Hat das Frühstück eines Richters einen Einfluss auf die Art und Weise, wie er urteilt? Tobias Kalenscher, Direktor des Instituts für Experimentelle Psychologie der Universität Düsseldorf, zeigt, wie exogene Faktoren wie Ernährung, geistige Erschöpfung oder Stress die Entscheide von Richterinnen und Richtern beeinflussen können.
 
Richten ist ein grosses Ding. Ausgehend vom Theaterstück «Terror» von Ferdinand von Schirach fragt Peter Zihlmann, ob Richterinnen und Richter in Strafsachen nicht eigentlich das «Unbeurteilbare» beurteilen müssen. Ist es so, dass der urteilende Richter nie ganz verstehen und der verstehende Richter nicht mehr verurteilen kann?
 
Es ist grundlegend, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Richterinnen und Richter und in die Gerichte hat. Ein ethisches Verhalten der Richterschaft ist ein Schlüsselelement dieses Vertrauens. Märit Bergendahl, Präsidentin der schwedischen Richtervereinigung, berichtet über die Arbeit der schwedischen Ethikkommission für die Justiz, welche im Erlass einer Reihe von Ethik-Richtlinien mündete,  die den Austausch unter Richterinnen und Richterin zu solchen Fragen in ihrer täglichen Arbeit fördern soll.  
 
Die verfassungsmässige Garantie eines Verfahrens vor einem unabhängigen und unparteilichen Gericht beschäftigt die Gerichte regelmässig. Fabian Mösching präsentiert drei jüngere Urteile des Bundesgerichts zu Art. 30 Abs. 1 BV. Zum gleichen Themenbereich gehört auch die Besprechung eines Urteils des Zweiten Senats des deutschen Bundesverfassungsgerichts durch Stephan Gass. Dieses bestätigte die Ablehnung eines Verfassungsrichters wegen des Anscheins der Befangenheit.
 
Wie kann divergierende Rechtsprechung an einem Gericht verhindert werden? In einem ersten Beitrag stellt Thomas Stadelmann das amerikanische «en banc»-Verfahren als mögliche Lösung vor, welches die Schweizer Gerichte inspirieren könnte. In einem zweiten Beitrag legt derselbe Autor das Koordinationsverfahren des Bundesgerichts dar, macht auf Probleme aufmerksam und schlägt Verbesserungen vor.    
 
In jüngerer Zeit sehen Richterinnen und Richter sich zunehmend mit Kritik durch die Medien konfrontiert. Benjamin Schindler illustriert das Thema in einem Input-Beitrag, der aus einem Panelgespräch am Tag der Richterinnen und Richter vom 17. November 2017 in Luzern hervorgeht.
 
Im Mai 2018 hat das Parlament des Kantons Basel-Landschaft eine Teilrevision des Gerichtsorganisations- und Prozessrechts verabschiedet. Dieter Freiburghaus, Richter am Kantonsgericht Basel-Landschaft, gibt einen kurzen Überblick. Eine weitaus einschneidendere Reform erwartet die gesamte Schweizer Justiz: Das Projekt «Justitia 4.0» ist auf dem Weg und derselbe Autor, auch Vorstandsmitglied der Schweizerischen Vereinigung der Richterinnen und Richter (SVR), plädiert dafür, das Tempo zu drosseln, um die verschiedenen Akteure in der Justiz besser einbeziehen und informieren zu können.     
 
Die vorliegende Ausgabe enthält auch einen Rückblick des neuen Präsidenten der SVR Patrick Guidon über seine ersten sechs Monate im Amt, eine Periode, die hauptsächlich der Verteidigung der Unabhängigkeit der Justiz gewidmet war.   
 
In der Kategorie News abroad gibt Stephan Gass eine detaillierte Zusammenfassung zur Frühjahrs-Tagung der Europäischen Richtervereinigung (EAJ), deren Fokus auf der wachsenden Bedrohung für den Rechtsstaat und die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter in Ländern Europas lag. In der gleichen Rubrik berichtet José Igreja Matos, Präsident der EAJ, über die Diskussionen anlässlich eines runden Tisches der OSCE im Zusammenhang mit der Lage der Justiz in Polen. Schliesslich weist Andreas Lienhard auf die internationale Konferenz hin, die im Mai 2018 in Peking unter der Schirmherrschaft der Renmin University of China Law School stattgefunden hat und sich mit der Rolle der Gerichte in sich entwickelnden Gesellschaften befasste.
 
Die aktuelle Ausgabe der Richterzeitung enthält zudem zwei Rezensionen von jüngst erschienen Werken: Thomas Stadelmann rezensiert das Buch von Katalin Kelemen über die Veröffentlichung von abweichenden Meinungen von Richterinnen und Richtern in einem Spruchkörper. Und Hans-Jakob Mosimann gibt einen Überblick über die Dissertation von Anna Rüefli, die sich mit der Tätigkeit von Fachrichterinnen und Fachrichtern an Gerichten auseinandersetzt. Zum Abschluss wird das 45. Update der Bibliografie zum Richterrecht sowie die Auswahl internationaler Medienberichte zu Verfassungsgerichten der Venice Commission Observatory vorgelegt.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre dieser nachsommerlichen Ausgabe!
 
Stephan Gass, Sonia Giamboni, Andreas Lienhard, Hans-Jakob Mosimann, Annie Rochat Pauchard, Thomas Stadelmann

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