Justice - Justiz - Giustizia

Abstimmungsverfahren des Spruchkörpers

Vorgehensweise bei Vorliegen mehrerer gleichgestellter Anträge

  • Autor/Autorin: Thomas Stadelmann
  • Zitiervorschlag: Thomas Stadelmann, Abstimmungsverfahren des Spruchkörpers, in: «Justice - Justiz - Giustizia» 2012/1
Das Bundesgesetz über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110) enthält eine – bezogen auf die Spruchkörper relativ rudimentäre – Bestimmung über Abstimmungen: gemäss Art. 21 treffen das Gesamtgericht, die Präsidentenkonferenz, die Verwaltungskommission und die Abteilungen die Entscheide, Beschlüsse und Wahlen, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, mit der absoluten Mehrheit der Stimmen (Abs. 1). Stimmenthaltung ist gemäss Art. 21 Abs. 3 BGG nicht zulässig.1Das Mehrheitsprinzip gilt im Bereiche der Rechtsprechung sowohl für das Dispositiv eines Urteils als auch für die Entscheidgründe (Michel Féraud, Basler Kommentar Bundesgerichtsgesetz, N 2 zu Art. 21 BGG; Hansjörg Seiler, Bundesgerichtsgesetz, N 5 zu Art. 21 BGG, Yves Donzallaz, Loi sur le Tribunal fédéral, N 292 zu Art. 21 LTF).Wie verhält es sich, wenn mehrere divergierende Anträge – sei es zu den Entscheidgründen oder zum Dispositiv – vorliegen? Dieser Frage soll in diesem Beitrag etwas näher nachgegangen werden. Auch wenn die Überlegungen auf die Situation am Bundesgericht Bezug nehmen, stellen sich ähnlich Probleme an allen Gerichten, wobei sich Abweichungen aufgrund der Grösse des Spruchkörpers ergeben.2

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Problemumschreibung
  • 2. Praxisbeispiel
  • 3. Gleichwertigkeit der Anträge
  • 4. Wirkung der Abstimmungsfolge
  • 5. Kritik
  • 6. Lösungsvorschläge
  • 7. Wahlähnliches Verfahren
  • 8. Abstimmung bei vier Varianten
  • 9. Abstimmung bei fünf Varianten
  • 10. Fazit