Chères lectrices, chers lecteurs,

Un arrêt fait des vagues : le 9 avril 2024, la Cour européenne des droits de l'homme (CourEDH) a reconnu une violation des art. 6 et 8 CEDH par la Suisse, dans le cadre d'un recours déposé par l'association des Aînées pour le Climat : Markus Mohler s’interroge sur la capacité des accords internationaux sur le climat à établir des valeurs limites normatives justiciables et leur mise en œuvre, tout en explorant l’étendue du pouvoir de cognition de la CourEDH. De son côté, Hansjörg Seiler examine la gestion politique des décisions judiciaires controversées et s’intéresse à la question de l'indépendance des juges et au rôle de la justice dans le cadre de la séparation des pouvoirs. Thomas Stadelmann analyse la notion d'« activisme judiciaire », en précisant ses caractéristiques juridiques et en soulignant son caractère indésirable. Il propose également des pistes pour éviter ou réduire ce phénomène.

L'indépendance des juges fait également l'objet de deux autres contributions : Peter Münch examine l'indépendance de la justice en Suisse en s'attardant sur trois problématiques principales : les élections politiques des juges, les déficits de performance judiciaire et les scandales publics. De son côté, Hans-Jakob Mosimann présente une synthèse de l’enquête menée par l’Association suisse des magistrats (ASM) auprès de plus de 900 juges. Cette étude met en lumière la nécessité de réformer la composition des cours et tribunaux, en tenant compte de la proportionnalité des partis, de la réélection périodique des juges et des contributions financières versées aux partis (taxes de mandat).

Deux contributions sur l’organisation judiciaire portent un regard au-delà des frontières nationales : Wilhelm Ungerank présente la grande réforme judiciaire au Liechtenstein, qui entrera en vigueur en 2026. Mikael Kenno Fogde introduit le Conseil de recevabilité des procédures, une invention danoise considérée comme unique au monde et susceptible d’alimenter le débat sur d’éventuelles limitations de l’accès au Tribunal fédéral.

Deux autres contributions se concentrent sur la pratique judiciaire : Patrik Müller examine, dans les colonnes ASM, l’utilisation de l’intelligence artificielle (IA) dans les tribunaux, tandis que Daniel Kettiger rend compte d’un colloque scientifique consacré à l’anonymisation des décisions de justice.

Cette édition se clôt avec des contributions d’Alessandra Cambi Favre-Bulle, respectivement de Nora Lichti Aschwanden, concernant les discussions des assemblées annuelles de l’Union Internationale et de l’Association Européenne des Magistrats (UIM et AEM), ainsi que du compte-rendu de Hannah Berger sur la conférence annuelle du Groupe européen d’administration publique (GEAP), portant sur divers thèmes liés à l’administration judiciaire.

Nous vous souhaitons une lecture enrichissante (voire sereine, vu la saison…).

Stephan GassSonia GiamboniAndreas LienhardHans-Jakob MosimannAnnie Rochat PauchardThomas Stadelmann

P.S. : en septembre de cette année, Arthur Brunner s’est retiré de la rédaction. Nous le remercions chaleureusement pour ses nombreuses années de collaboration précieuse et fiable.

Science
Vom Umgang der Politik mit politisch umstrittenen gerichtlichen Urteilen
Hansjörg Seiler
Hansjörg Seiler
Der Beitrag stellt das KlimaSeniorinnen-Urteil des EGMR und die politischen Reaktionen auf dieses Urteil dar (Ziff. 1) und stellt beides in den Zusammenhang mit der richterlichen Unabhängigkeit (Ziff. 2): Diese will sicherstellen, dass das Gesetz unparteiisch angewendet wird, aber sie will nicht eine politisch nicht beeinflussbare richterliche Rechtsetzung ermöglichen (Ziff. 3). Der Gesetzgeber kann daher auch Richterrecht verändern (Ziff. 4). Das ist jedoch nicht ohne weiteres möglich, wenn sich das Richterrecht auf Völkerrecht beruft. Abgesehen von der ultra-vires-Thematik führt das Richter-Völkerrecht zu einem fundamentalen Wandel in Bezug auf die Rolle der Justiz im System der Gewaltenteilung, tangiert die ideelle Rechtfertigung der richterlichen Unabhängigkeit und stellt eine zentrale demokratiepolitische Herausforderung dar (Ziff. 5).
«Richterlicher Aktivismus» – Ein diskussionswürdiges Thema in der Schweiz?
Thomas Stadelmann
Thomas Stadelmann
«Richterlicher Aktivismus» war bis zu Beginn dieses Jahres in der Schweiz kaum ein Diskussionsgegenstand, erst im Nachgang zum EGMR-Urteil i.S. KlimaSeniorinnen und in dessen Kontext wird der Begriff häufiger verwendet. Die zugrunde liegende Problematik rechtfertigt aber ganz generell, auch in der Schweiz, eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema. Im Beitrag wird aufgezeigt, wie «richterlicher Aktivismus» rechtlich umschrieben und an welchen Merkmalen er festgemacht werden kann. Dem folgen Überlegungen dazu, wieso «richterlicher Aktivismus» unerwünscht ist, und Anregungen dazu, wie er vermieden oder vermindert werden könnte.
Unabhängigkeit der Justiz in der Schweiz auf dem Prüfstand
Peter Münch
Peter Münch
Steckt die Schweizer Justiz in der Krise? Wie ist es um ihre Unabhängigkeit bestellt? Die öffentliche Debatte ist in vollem Gang. Der vorliegende Beitrag nimmt drei Problemkreise in den Blick: politische Richterwahlen, richterliche Leistungsdefizite und öffentliche Skandale. Er beleuchtet Hintergründe und Tragweite der aktuellen Herausforderungen, setzt sich kritisch mit den in Wissenschaft und Politik diskutierten Lösungsansätzen auseinander und versucht, Denkanstösse für die weitere Debatte zu liefern.
Forum
Einige Anmerkungen zum EGMR-Klimaseniorinnen-Urteil
Markus Mohler
Markus Mohler
Die Auswirkungen der Klimaerwärmung bedeuten eine existentielle Gefahr für die Biosphäre. Die völkerrechtlichen Klima-Vereinbarungen mit Zielen über Dezennien zu deren Reduktion enthalten keine verbindlichen Zwischenziele, an denen die Anstrengungen der einzelnen Ländern gerichtlich beurteilt werden können. Damit erweisen sie sich zur Festlegung normativ-justiziabler Grenzwerte und deren Umsetzung für bestimmte Zeitpunkte als ungeeignet. Sie enthalten auch keine Bestimmung über eine justizielle Prüfung der Befolgung der Verträge. Auch für den EGMR besteht qua EMRK diese Kognition nicht. Die Massnahmen gemäss den bestehenden Abkommen entziehen sich der Justiziabilität.
Richterinnen und Richter rufen nach Reformen
Hans-Jakob Mosimann
Hans-Jakob Mosimann
Eine Befragung, an der sich über 900 Richterinnen und Richter beteiligt haben, signalisiert Reformbedarf. Ein Problemkreis ist die Bestellung der Gerichte anhand des Parteienproporzes. Ebenfalls kritisiert wird, dass Richterinnen und Richter periodisch wiedergewählt werden müssen; vorzuziehen wäre eine einmalige Wahl bis zum Pensionsalter. Die weit verbreitete Praxis der sogenannten Mandatsabgaben schliesslich sollte, so die mehrheitliche Meinungsäusserung, gesetzlich unterbunden werden.
Der Prozesszulassungsrat – eine dänische Erfindung
Mikael Kenno Fogde
Mikael Kenno Fogde
In Dänemark existiert seit nahezu 30 Jahren ein spezieller Rat für die Entscheidung über Berufungserlaubnisse bei verschiedenen Falltypen sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht: der Prozesszulassungsrat. Die Zusammensetzung, Organisation und Entscheidungskompetenz dieses Rates wird von ihm selbst als weltweit einzigartig bezeichnet, war jedoch trotzdem kontinuierlich Gegenstand von Debatten in Dänemark. Der Artikel bietet eine Einführung in den verfassungsrechtlichen Rahmen und die Einrichtung des Prozesszulassungsrates. Der Beitrag zeigt, dass die ursprüngliche Kritik an dieser Erfindung noch besteht und schlägt vor, dass ähnliche Lösungen mit Vorsicht behandelt werden sollten.
Colonnes ASM
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) an den Gerichten – nicht nur Bedrohung, sondern auch Chance
Patrik Müller
Patrik Müller
Künstliche Intelligenz und die damit verbundenen Möglichkeiten revolutionieren aktuell die Art und Weise, wie Daten verarbeitet werden und führen in diversen (Arbeits-)Bereichen zu erheblichen Effizienzsteigerungen. Von dieser Entwicklung sind auch die Gerichte betroffen und entsprechend haben sie sich frühzeitig damit auseinanderzusetzen, wo und wie KI in der Rechtsprechung eingesetzt werden kann.
Associations
La 66ème conférence de l’Union Internationale des Magistrats (UIM)
Alessandra Cambi Favre-Bulle
Alessandra Cambi Favre-Bulle
Tagungsbericht: EAJ Cape Town 18. Oktober 2024
Nora Lichti Aschwanden
Nora Lichti Aschwanden
Bericht über die EGPA Jahreskonferenz 2024 in Athen (Griechenland)
Hannah Berger
Hannah Berger
Die Permanent Study Group XVIII «Justice and Court Administration» traf sich an der jährlichen Konferenz der European Group for Public Administration (EGPA) in Athen, Griechenland. Wie bereits in den Vorjahren widmete sich die internationale und interdisziplinäre Studiengruppe diversen Themen im Bereich der Justizverwaltung.
Actualités CH
Transparente Justiz? – Gerichtsurteile im Spannungsfeld zwischen Öffentlichkeit und Schutz der Privatsphäre
Daniel Kettiger
Daniel Kettiger
Am 21. Juni 2021 führte die Universität Bern gemeinsam mit der Berner Fachhochschule eine wissenschaftliche Tagung mit dem Titel «Transparente Justiz? – Gerichtsurteile im Spannungsfeld zwischen Öffentlichkeit und Schutz der Privatsphäre» durch. Hauptthema der Tagung war die Anonymisierung von Urteilen; zudem wurden Forschungsergebnisse und Anwendungen von Legal-NLP thematisiert.
Parlament aktuell / Parlement actualités / Notizie dal Parlamento (Update 7)
Parlament (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Parlament (Bearbeitung/Auswahl: Juria)
Im Schweizer Parlament behandelte oder hängige Geschäfte, welche die Judikative betreffen / Affaires traitées ou en discussion au Parlement suisse qui concernent le pouvoir judiciaire / Procedure riguardanti il potere giudiziario trattate o pendenti presso il Parlamento svizzero
Actualités étrangères
Grosse Justizreform in Liechtenstein beschlossen
Wilhelm Ungerank
Wilhelm Ungerank
Der Landtag des Fürstentums Liechtenstein hat in der Novembersitzung eine weitreichende Justizreform einhellig beschlossen. Sie umfasst Abänderungen der Gerichtsorganisation, aber auch des Dienstrechts der Richter, und tritt mit 1. Januar 2026 in Kraft.