Justice - Justiz - Giustizia

Zugänglichkeit zu Urteilen kantonaler Gerichte: Ergebnisse einer Befragung

  • Autoren/Autorinnen: Daniel Hürlimann / Daniel Kettiger
  • Beitragsarten: Forum
  • Zitiervorschlag: Daniel Hürlimann / Daniel Kettiger, Zugänglichkeit zu Urteilen kantonaler Gerichte: Ergebnisse einer Befragung, in: «Justice - Justiz - Giustizia» 2018/2
Der Verein eJustice.CH hat im Jahr 2016 ein Projekt zur Verbesserung der Zugänglichkeit kantonaler Urteile lanciert. In einem ersten Schritt wurde in den Kantonen eine Umfrage zur Urteilspublikationspraxis durchgeführt. Die Autoren präsentieren die Ergebnisse dieser Umfrage und informieren über das weitere Vorgehen in diesem Projekt.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Einleitung
  • 1.1. Anlass für die Untersuchung
  • 1.2. Untersuchung 2017: Methodik und Durchführung
  • 2. Ergebnisse
  • 2.1. Publikationspraxis
  • 2.2. Urteile auf Bestellung
  • 2.3. Anonymisierung
  • 3. Ausblick

1.

Einleitung ^

1.1.

Anlass für die Untersuchung ^

[1]

Art. 30 Abs. 3 der Bundesverfassung (BV) verlangt die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung. Das Bundesgericht hat im Jahr 2013 festgehalten, welche zentrale Bedeutung der Justizöffentlichkeit zukommt: «Art. 30 Abs. 3 BV verankert das auch von Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 UNO-Pakt II […] vorgesehene Prinzip der Justizöffentlichkeit. Diese erlaubt Einblick in die Rechtspflege und sorgt für Transparenz gerichtlicher Verfahren. Damit dient sie einerseits dem Schutze der direkt an gerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien im Hinblick auf deren korrekte Behandlung und gesetzmässige Beurteilung. Andererseits ermöglicht die Justizöffentlichkeit auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten nachzuvollziehen, wie gerichtliche Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt wird. Die Justizöffentlichkeit bedeutet eine Absage an jegliche Form der Kabinettsjustiz, will für Transparenz der Rechtsprechung sorgen und die Grundlage für das Vertrauen in die Gerichtsbarkeit schaffen. Der Grundsatz ist von zentraler rechtsstaatlicher und demokratischer Bedeutung. Die demokratische Kontrolle durch die Rechtsgemeinschaft soll Spekulationen begegnen, die Justiz benachteilige oder privilegiere einzelne Prozessparteien ungebührlich oder Ermittlungen würden einseitig und rechtsstaatlich fragwürdig geführt […]»1. Es hielt im konkreten Fall gleichzeitig fest, dass die Urteilsbekanntgabe durch das Archivrecht nicht ausgeschlossen wird und dass insbesondere eine Einsichtnahme auch während der archivrechtlichen Schutzpflichten möglich ist2. Das Bundesgericht selber veröffentlicht ab 2007 alle Teil- und Endentscheide im Internet3. Im Juni 2016 hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Kenntnisnahme von Urteilen nicht von einem besonderen schutzwürdigen Informationsinteresse abhängig ist4 und dass Urteile grundsätzlich generell bekanntzugeben oder zur Kenntnisnahme bereitzuhalten sind5.

[2]

In den vergangenen Jahren war die Praxis der Publikation von Urteilen durch die schweizerischen Gerichte wiederholt Gegenstand von Diskussionen und Beiträgen in Fachzeitschriften6 und Tageszeitungen7. Vor diesem Hintergrund, ausgehend davon, dass die Praxis der Kantone hinsichtlich der Veröffentlichung von Urteilen sehr uneinheitlich ist, und angesichts der zunehmenden Digitalisierung der Justiz beschloss die Generalversammlung des Vereins eJustice.CH im Jahr 2016 ein Leuchtturmprojekt «Verbesserung der Zugänglichkeit kantonaler Urteile». Eines der Ziele des Leuchtturmprojekts ist es, die kantonalen Gerichte bei der Urteilspublikation zu unterstützen.

[3]
Um sich einen Überblick über die aktuelle Lage der Urteilspublikation in den Kantonen zu verschaffen, liess der Verein eJustice.CH durch Dr. Oliver Neumann vom Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität Bern eine Umfrage bei den Kantonen durchführen. Die Befragung wurde von der Schweizerischen Vereinigung der Richterinnen und Richter (SVR) unterstützt.

1.2.

Untersuchung 2017: Methodik und Durchführung ^

[4]

Die Befragung wurde vom 23. August bis zum 3. November 2017 durchgeführt. Befragt wurden die oberen kantonalen Gerichte aller 26 Kantone. Die Anfrage erfolgte per E-Mail. Um allfällige Veränderungen bezogen auf die zeitliche Entwicklung erkennen zu können, wurde der Fragebogen in enger Anlehnung an die Befragung von Daniel Hürlimann im Jahre 20128 gestaltet. Der Fragebogen wurde um einige neue Fragen ergänzt und umfasste letztlich 20 Fragen, die wie folgt in Blöcke zusammengefasst waren:

  1. Generelle Fragen zur Publikation von Gerichtsurteilen (Q1-5)
  2. Fragen zur Anonymisierung von Gerichtsurteilen (Q6-9)
  3. Fragen zu Plänen zu Einführung oder Ausbau der Publikationspraxis (Q10)
  4. Fragen zu Einsicht- und Bestellmöglichkeiten von Gerichtsurteilen (Q11-17)
  5. Fragen zur Auswirkung der eidgenössischen ZPO (Q18)
  6. Fragen zur Eröffnung von erstinstanzlichen Entscheiden ohne schriftliche Begründung (Q19-20).
[5]
Insgesamt gingen 35 Antworten ein (Aufteilung der obersten kantonalen Gerichtsbarkeit auf mehrere Gerichte); die Teilnahmequote lag bei 100 Prozent der Kantone.
[6]
Ohne das aktive Mitwirken der angefragten Gerichte wäre es nicht möglich gewesen, die nachfolgend dargestellten Erkenntnisse zu gewinnen. Der Verein eJustice.CH dankt den Gerichten für die Mitwirkung.

2.

Ergebnisse ^

2.1.

Publikationspraxis ^

[7]
Die Umfrage zur Urteilspublikationspraxis hat ergeben, dass in sämtlichen Kantonen in der einen oder anderen Form Urteile im Internet publiziert werden. In 16 Kantonen werden ausschliesslich Urteile der oberen kantonalen Gerichte online zugänglich gemacht, während in den übrigen zehn Kantonen auch erstinstanzliche Urteile veröffentlicht werden. Sechs Kantone haben im Zeitpunkt der Umfrage angegeben, dass sämtliche Sachurteile der oberen Gerichte online veröffentlicht werden. Es handelt sich um die Kantone Basel-Stadt, Freiburg, Genf, Solothurn, Waadt und Zürich. Im Kanton Bern werden alle Urteile der Strafabteilung des Obergerichts publiziert, aber nur eine Auswahl der Urteile der Zivilabteilung. Zivilurteile werden nur publiziert, wenn beide Zivilkammern des Obergerichts einverstanden sind. Teilweise existiert eine unterschiedliche Praxis in den beiden Zivilkammern. Diese Urteile werden nicht publiziert.
[8]
In den Kantonen Aargau, Freiburg (erstinstanzliche Urteile), Genf, Jura und St.Gallen sowie bei der Steuerrekurskommission des Kantons Bern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug ist geplant, in Zukunft mehr Urteile zu publizieren.
[9]

Im März und April 2018 haben drei Kantone entschieden, in Zukunft sämtliche Sachurteile der oberen Gerichte zu publizieren. Im Kanton Wallis hat der Grosse Rat am 5. März 2018 einer Motion für mehr Transparenz zu Entscheiden der Gerichte zugestimmt9. Diese verlangt, «dass die anonymisierten Entscheidungen und Urteile des Kantonsgerichts systematisch öffentlich zugänglich gemacht werden, und dass die anonymisierten Entscheidungen und Urteile der Bezirksgerichte von Medien und Bürgerinnen und Bürgern des Kantons angefordert werden können»10. Der Staatsrat des Kantons Wallis hatte die Motion zur Ablehnung empfohlen11.

[10]

Im Kanton Aargau hat der Grosse Rat am 6. März 2018 ein Postulat betreffend Einführung einer elektronischen Sammlung der kantonalen Gerichts- und Verwaltungsentscheide an den Regierungsrat überwiesen12. Darin wird der Regierungsrat eingeladen, «in Zusammenarbeit mit der Justizleitung eine elektronische Sammlung mit Online-Abfrage der kantonalen Gerichts- und Verwaltungsentscheide des Obergerichts, der Spezialverwaltungsgerichte, des Regierungsrats und der Rechtsdienste der Departemente einzuführen». In der Begründung des Postulats steht ferner: «Es sollen grundsätzlich alle rechtskräftigen Entscheide publiziert werden, ausgenommen verfahrensleitende Verfügungen, Zwischenentscheide ohne Auswirkung auf die Praxis und weitere Entscheide in Spezialfällen, wenn beispielsweise Geheimhaltungsinteressen oder Datenschutz betroffen sind»13. Der Regierungsrat hat in seiner Erklärung zum Postulat festgehalten, dass er «einen Ausbau des Webangebots auf alle Entscheide aus Kosten-Nutzen-Überlegungen als nicht angezeigt» erachte. Er hat sich lediglich dazu bereit erklärt, «in Absprache mit der Judikative näher [zu] prüfen, ob die Anzahl der publizierten Entscheide erhöht werden kann und eine raschere Publikation möglich ist»14. Damit bleibt letztlich offen, ob das Postulat einen Ausbau der Publikationspraxis im Kanton Aargau bewirken wird.

[11]

Das Kantonsgericht und das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz haben am 11. April 2018 angekündigt, dass ihre Entscheide neu online publiziert werden15. Das Kantonsgericht Schwyz publiziert mit Ausnahme der Entscheide in Justizverwaltungssachen sämtliche Entscheide in anonymisierter Form16. Auch beim Verwaltungsgericht wird «praktisch die ganze neuere Rechtsprechung» online zugänglich gemacht17.

2.2.

Urteile auf Bestellung ^

[12]
Obwohl im Zentrum der Befragung die (aktive) Publikation von Gerichtsurteilen stand, wurden bei den Gerichten auch Angaben zu den Einsichts- und Bestellmöglichkeiten erhoben (Fragen Q11-17).
[13]
Die Frage, ob Urteile beim Gericht bestellt werden können, beantworteten 27 Gerichte (77 %) mit Ja, 8 Gerichte (23 %) mit Nein. Namentlich in den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Basel-Landschaft, Graubünden und Waadt ist die Bestellung von Urteilen nicht möglich. 26 Gerichte stellen die Kopien anonymisiert zu, 4 in nicht anonymisierter Form. Bevorzugte Form der Erledigung von Bestellungen ist jene durch Scannen und Zustellung per E-Mail. Bezüglich der Frage, ob eine Gebühr verlangt wird und wie hoch diese ist, besteht eine erhebliche Spannweite.
[14]

Dass die Urteile von fast einem Viertel der oberen kantonalen Gerichte nicht bestellt werden können, erschreckt auf den ersten Blick vor dem Hintergrund des eingangs zitierten Leitentscheids des Bundesgerichts18. Allerdings müssen die Antworten stets in Kombination mit den Antworten zur Publikationspraxis und zur Möglichkeit der Einsichtnahme betrachtet und bewertet werden. Wenn beispielsweise aus den Antworten des Kantons Waadt geschlossen werden muss, dass alle Gerichtsurteile des Kantonsgerichts ohne inhaltliche Auswahl im Internet veröffentlicht werden und zusätzlich teilweise auch eine Einsichtsnahme beim Gericht möglich ist, ist es durchaus verständlich, dass bei diesem Gericht keine Urteile bestellt werden können.

2.3.

Anonymisierung ^

[15]

Die Umfrage hat gezeigt, dass in fast allen Kantonen sämtliche Urteile anonymisiert werden. Im Kanton Waadt wird in Raumplanungsfällen nicht anonymisiert, im Kanton St. Gallen wird im Vergaberecht nicht anonymisiert und im Kanton Genf wird im Einzelfall entschieden, ob anonymisiert wird oder nicht. In 11 Kantonen wird mit Hilfe von Automation anonymisiert, in 15 Kantonen dagegen rein manuell. In sechs Kantonen kommen dabei spezielle Anonymisierungstools der Anbieter von Gerichtssoftware zum Einsatz. Gerichte aus fünf Kantonen haben angegeben, bei der Anonymisierung die Ersetzungsfunktion von Microsoft Word einzusetzen. Im Kanton Jura wird derzeit abgeklärt, welche Software für die Anonymisierung eingesetzt werden kann. Je nach Ergebnis sollen in Zukunft mehr Urteile publiziert werden.

[16]
Der durchschnittliche Aufwand für die Anonymisierung ist erstaunlicherweise höher, wenn die Anonymisierung mithilfe von Automation vorgenommen wird. Die rein manuelle Anonymisierung verursacht im Durchschnitt einen Aufwand von 46 Minuten, bei der Anonymisierung mithilfe von Automation werden im Schnitt 48 Minuten benötigt. Diese Zahlen basieren auf Schätzungen und sind deshalb mit Vorsicht zu geniessen.
[17]
Der Aufwand für die Anonymisierung scheint nur in geringem Masse vom Rechtsgebiet abhängig zu sein. Die Schätzungen des durchschnittlichen Aufwands für die Anonymisierung bewegen sich zwischen 40 Minuten für ein verwaltungsrechtliches und 53 Minuten für ein strafrechtliches Urteil. Dazwischen liegen die Schätzungen für sozialversicherungsrechtliche Urteile (44 Minuten), Urteile zum Personen-, Familien-, Erb- und Sachenrecht (47 Minuten) sowie zu Urteilen betreffend Vertragsstreitigkeiten, Handelsrecht und Steuerrecht (51 Minuten).
[18]

Die Frage, wie gross der Aufwand für die Anonymisierung von Gerichtsurteilen ist, wird auch im politischen Diskurs sehr unterschiedlich beantwortet. So findet sich in der Begründung des Postulats Pfisterer (Kanton Aargau) die Aussage: «Die Anonymisierung der Entscheide verursacht keinen relevanten Mehraufwand»19. Dem widerspricht der Regierungsrat des Kantons Aargau in seiner Erklärung zum Postulat, wobei er sich auf Verwaltungsentscheide beschränkt20. Im Kanton Wallis wurden die Kosten für die Anonymisierung beziffert und vom Staatsrat als Argument für die Ablehnung der (später angenommenen) Motion eingebracht. Nach diesen Berechnungen würde «die Anonymisierung sämtlicher Urteile des Kantonsgerichts sowie sämtlicher erstinstanzlicher Urteile und Entscheide (!) voraussichtlich die Anstellung von drei Juristen in Vollzeit erfordern. Der damit verbundene Personalaufwand würde sich auf rund 450’000 Franken pro Jahr belaufen»21.

3.

Ausblick ^

[19]

Die Verbesserung der Zugänglichkeit kantonaler Urteile liegt nicht nur im Interesse von Wissenschaft und Anwaltschaft, sondern dient in Zeiten abnehmender Gerichtsberichterstattung auch der Justiz selbst. Oskar Bosshardt, alt Präsident des Zürcher Verwaltungsgerichts, hat bereits im Jahr 1966 geschrieben: «Ein Urteil, dessen Begründung die gebotene Überzeugungskraft hat, gewinnt weit über den Einzelfall hinaus Bedeutung, so dass es nicht nur die Parteien, sondern die Öffentlichkeit angeht»22.

[20]

Nachdem Stimmen, die sich grundsätzlich gegen die Publikation von Urteilen im Internet aussprechen, in den letzten Jahren leiser geworden sind, wird als Argument gegen den Ausbau der Urteilspublikation vermehrt auf finanzielle Überlegungen und insbesondere auf den Anonymisierungsaufwand verwiesen. Auch wenn dieser Aufwand durch entsprechende Vorkehrungen bereits beim Verfassen eines Urteils minimiert werden kann, sollte ein Urteil so verfasst sein, dass es für die direkt betroffenen Parteien verständlich ist. Bei Verfahren mit einer grossen Anzahl an Beteiligten kann es daher angezeigt sein, auf die Verwendung von Platzhaltern [Beschuldigter 1, Beschuldigter 2 etc.] zu verzichten.

[21]
Die Anonymisierung von Urteilen sollte mit speziell dafür programmierter Software selbstverständlich weniger Zeit beanspruchen als ohne. Wie bereits erwähnt, sind die im Rahmen der Umfrage erhobenen Minutenzahlen für den Anonymisierungsaufwand mit Vorsicht zu geniessen. Auch wenn der Aufwand für die Anonymisierung beim Einsatz entsprechender Software tatsächlich nicht grösser oder sogar leicht geringer als bei manueller Anonymisierung sein sollte, drängt sich die Frage auf, weshalb er nicht deutlich geringer ausfällt. Es ist denkbar, dass GerichtsschreiberInnen, die keine Anonymisierungssoftware einsetzen, andere Wege für eine effiziente Anonymisierung gefunden haben. Es ist aber auch möglich, dass die Funktionalitäten bestehender Anonymisierungssoftware zu wenig genutzt werden oder dass die Software selbst Verbesserungspotential hat.
[22]

Eine Analyse durch die das Leuchtturmprojekt begleitende Arbeitsgruppe des Vereins eJustice.CH kam zum Ergebnis, dass die Problematik der Anonymisierung einer vertieften Bearbeitung bedarf. Es ist deshalb vorgesehen, in der zweiten Hälfte 2018 einen besonderen Workshop dieser Thematik zu widmen. An diesem sollen ein Überblick über die vorhandenen IT-Tools zur Anonymisierung erstellt, Erfahrungen aus Gerichten zusammengetragen und anschliessend die Probleme der Anonymisierung diskutiert und Ansätze zu Lösungen erarbeitet werden. Die Teilnahme am Workshop wird auf Einladung hin erfolgen. Die Ergebnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt in geeigneter Form zugänglich gemacht.

[23]

In der Zwischenzeit haben sich auch die Bundesverwaltung und die Politik der Frage der Urteilspublikation angenommen. Der Entwurf zur Änderung der Zivilprozessordnung (ZPO), der am 2. März 2018 in die Vernehmlassung geschickt wurde, sieht einen neuen Art. 400 Abs. 2bis vor, der dem Bundesrat die Kompetenz erteilt, für Entscheide, die elektronisch publiziert werden, Regelungen zu erlassen, insbesondere auch über die Zugänglichkeit23. Mit dieser Vorschrift soll vor allem eine technische Harmonisierung der Urteilpublikationen erreicht werden24.


Daniel Hürlimann ist Vorstandsmitglied des Vereins eJustice.CH und Assistenzprofessor für Informationsrecht an der Universität St. Gallen.
 

Daniel Kettiger ist Verwaltungswissenschafter, Rechtsanwalt und externer Projektleiter am Kompetenzzentrum für Public Management der Universität Bern sowie Mitglied des Vereins eJustice.CH.

  1. 1 BGE 139 I 129, E 3.3.
  2. 2 Vgl. BGE 139 I 129, E 3.2, 3.4 und 3.5.
  3. 3 Vgl. Daniel Hürlimann, Publikation von Urteilen durch Gerichte, sui-generis 2014, S. 82–100,
    Rz 3, https://doi.org/10.21257/sg.8 (alle Websiten zuletzt besucht am 23. Mai 2018).
  4. 4 Urteil des Bundesgerichts 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016, E. 3.5.2.
  5. 5 Urteil des Bundesgerichts 1C_123/2016 vom 21. Juni 2016, E. 3.9.
  6. 6 Vgl. z.B. Hürlimann (Fn. 3); Beatrice Walder, Nicht alle Kantone halten im Netz mit, plädoyer 3/16, S. 11–13, https://perma.cc/RSL8-6BEB.
  7. 7 Vgl. Markus Felber, Justiz als Nonvaleuer?, NZZ vom 29. Juni 2013, www.nzz.ch/schweiz/justiz-als-nonvaleur-1.18107722.
  8. 8 Vgl. Hürlimann (Fn. 3), Rz. 9; die Ergebnisse sind noch immer abrufbar unter http://tinyurl.com/urteilspub.
  9. 9 Protokoll der Sitzung des Grossen Rates des Kantons Wallis vom 5. März 2018, S. 16.
  10. 10 Motion Reinhold Schnyder vom 12. Februar 2017 betreffend mehr Transparenz zu Entscheiden der Gerichte (6.0074).
  11. 11 Antwort des Staatsrates des Kantons Wallis vom 12. Februar 2017 auf die Motion Schnyder (6.0074), S. 2.
  12. 12 Beschluss des Grossen Rates des Kantons Aargau vom 6. März 2018 (Nr. 2018–0564).
  13. 13 Postulat Lukas Pfisterer vom 26. September 2017 betreffend Einführung einer elektronischen Sammlung der kantonalen Gerichts- und Verwaltungsentscheide (GR.17.235).
  14. 14 Erklärung des Regierungsrats des Kantons Aargau vom 20. Dezember 2017 zum Postulat Pfisterer (17.235).
  15. 15 Medienmitteilung des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz vom 11. April 2018.
  16. 16 Webseite des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz.
  17. 17 Medienmitteilung des Kantonsgerichts des Kantons Schwyz vom 11. April 2018.
  18. 18 Vgl. BGE 139 I 129.
  19. 19 Postulat Pfisterer vom 26. September 2017 betreffend Einführung einer elektronischen Sammlung der kantonalen Gerichts- und Verwaltungsentscheide (GR.17.235), S. 1.
  20. 20 Erklärung des Regierungsrats des Kantons Aargau vom 20. Dezember 2017 zum Postulat Pfisterer (17.235), S. 2: «Hinsichtlich der Verwaltungsentscheide trifft es nicht zu, dass die Anonymisierung der Entscheide keinen relevanten Mehraufwand verursacht. So sind die Verwaltungsverfahren (vor dem Regierungsrat oder den Departementen) nicht öffentlich. Die Entscheide enthalten Personendaten, die geschützt sind».
  21. 21 Antwort des Staatsrates des Kantons Wallis (Fn. 11), S. 2 (Klammer hinzugefügt).
  22. 22 Oskar Bosshardt, Bemerkungen zur Veröffentlichung von Entscheiden, ZBl 67/1966, S. 345.
  23. 23 Vgl. Vorentwurf für eine Änderung der Zivilprozessordnung (Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung).
  24. 24 Vgl. Erläuternder Bericht zur Änderung der Zivilprozessordnung (Verbesserung der Praxistauglichkeit und der Rechtsdurchsetzung) vom 2. März 2018, S. 95.